Ostern

[283] Wenn die Schokolade keimt,

Wenn nach langem Druck bei Dichterlingen

»Glockenklingen« sich auf »Lenzesschwingen«

Endlich reimt

Und der Osterhase hinten auch schon preßt,

Dann kommt bald das Osterfest.


Und wenn wirklich dann mit Glockenklingen

Ostern naht auf Lenzesschwingen, – – –

Dann mit jenen Dichterlingen

Und mit deren jugendlichen Bräuten

Draußen schwelgen mit berauschten Händen – – –

Ach, das denk ich mir entsetzlich,

Außerdem – unter Umständen –

Ungesetzlich.


Aber morgens auf dem Frühstückstische

Fünf, sechs, sieben flaumweich gelbe, frische

Eier. Und dann ganz hineingekniet!

Ha! Da spürt man, wie die Frühlingswärme

Durch geheime Gänge und Gedärme

In die Zukunft zieht

Und wie dankbar wir für solchen Segen

Sein müssen.


Ach, ich könnte alle Hennen küssen,

Die so langgezogene Kugeln legen.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 283.
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