Faschingsvollmond

[418] Ein Freund, ein Dieb aus der Nähe von Metz,

Wollte mich betrunken machen.

Es gelang ihm durch dauerndes Anstoßen.

Wir stolperten über ein Polizeigesetz,

Lagen dann in zwei stecknadelgroßen

Blutlachen.


»Warum willst du mich denn betrunken machen?«

Frug ich. – »Um Dich zu berauben!« –

Diesem Freunde konnte ich glauben;

Er küßte mir oft die Hände, in Wien. –

Nun lag er mit rührend blutender Nase

Mitten in der Theresienstraße

Neben mir. Wo uns der Vollmond beschien.


Wir wollten einander aufraffen,

Aber Der Mann im Monde trat

Eben in den Hof seines Mondes

Und signalisierte uns: Lohnt es

Sich, einen Hofhund hier anzuschaffen?

Oder empfehlen Sie Stacheldraht?


Ein Schutzmann kam und nahm eins von uns beiden.

Ich ließ meinem Freunde zur Aufbewahrung

Die Brieftasche. Aber nicht nur das Scheiden,

Auch andres tut weh. Zum Beispiel Erfahrung.


Ich kann die Gegend um Metz nicht leiden.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 418.
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