Giraffen im Zoo

[382] Wenn sich die Giraffen recken,

Hochlaub sucht die spitze Zunge,

Das ihnen so schmeckt, wie junge

Frühkartoffeln mit Butter mir schmecken.


Hohe Hälse. Ihre Flecken

Sehen aus wie schön gerostet.[382]

Ihre langsame und weiche

Rührend warme Schnauze kostet

Von dem Heu, das ich nun reiche.


Lauscht ihr Ohr nach allen Seiten,

Sucht nach wild vertrauten Tönen.


Da sie von uns weiter schreiten,

Träumt in ihren stillen, schönen

Augen etwas, was erschüttert,


Hoheit. So, als ob sie wüßten,

Daß nicht Menschen, sondern daß ein

Schicksal sie jetzt anders füttert.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 382-383.
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