Neidisches über einen Klo-Mann

[439] Anfangs hat er kläglich gestöhnt,

Denn er war zuvor in der Küche

Kartoffelschäler und andre Gerüche

Von daher gewöhnt.


Er ist ebenso dumm wie faul.

Er öffnet die Türen zu den Aborten,

Und nach kurzen, blödsinnigen Worten

Über das Wetter hält er das Maul.


Nie ist er freundlich. Dennoch verehren

Ihn manche sehr;

Besonders die, die ihm hinterher

Handtücher stehlen und Nagelscheren.


Ich weiß nicht, warum ich mich vor ihm geniere.

Er läßt mir niemals zum Waschen Zeit,

Und durch seinen Geiz in bezug auf Papiere

Geriet ich schon oft in Verlegenheit.


Im Grunde ärgert's ihn, wenn man seine

Geräte benutzt.

Obwohl er niemals, auch nicht mal zum Scheine,

Daran etwas putzt.


»Gedenket des Alten,

Denn er muß alles reine halten!«

Schreibt er mit Seife, Frechheit und Ruhe

Jeden Morgen groß an den Spiegel.

Und dabei hat dieser Schweinigel

So ein vornehm nervöses Getue,

Das jeden zwingt, ihm viel Trinkgeld zu geben,

Und er zählt immer gleich nach, wieviel. – –


Ja, so ein bequemes, geldbringendes Leben

Zu führen, das wäre wohl jedermanns Ziel.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 439-440.
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