Scena III.

[234] Philippus, Perseus, Antigonus, etwas hernach Didas. Sie setzen sich in den Königlichen Thron.


PHILIPPUS. Jsts wol müglich Perseu mein Sohn / daß mein Stathalter Poris / dehme wir so viel ohnzehliche Guttahten erwiesen / den wir zu so grossen Ehren vnd Wurden / Ampteren vnnd Digniteten befodert / so trewloß vnd verrähterisch an mir vnd meinem Reiche solte handelen?

PERSEUS. Ja großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / wie ich E[wer] Majest[ät] berichtet habe / also ist es warhafftig beschaffen. Der Statthalter Poris, vnd seyn Sohn Alexander, tragen ein so böses / leichtfertiges / ja verrähterisches Gemüht gegen E[wer] M[ajestät] vnd deroselben großmechtigen Reiche / daß ich auch selbsten nimmermehr ein solches geglaubet hette / wenn nicht vnzehliche Bubenstücke / so sie getrieben / das gantze Werck offenbahret betten / ja ich zweiffele nicht / es werde E[wer] Majest[ät] selber vorlengst vermercket haben / wie des Poridis vnd seines Sohns Alexandri Hertz / Sinn / vnnd Gemüht / eintzig vnd allein an meinem Bruder Demetrio, vnd also per consequens an den Römeren vnseren abgesagten Feinden hange / denen sie auch alle vnsere geheime vnnd verborgene Rahtschläge / so wol zu Friedes alß Kriegeszeiten / jedesmahl offenbahret haben.

PHILIPPUS sehr zornig. O der grossen Vndanckbahrkeit! O der vnerhörten Verrähterey! Waß wollet doch jhr hiezu sagen Herr Vetter Antigone? E[wer] Liebe hat allezeit des Poridis vnnd seines Sohnes Handlungen auff daß eusserste vertreten[235] vnnd vertheidiget / seinen Fleiß vnd Trewe in regiments Sachenn hochgerühmet / ja jhn so gahr über alle andere vnsere Favoriten vnnd Diener erhoben?

ANTIGONUS. Großmechtigster König / Ewer Majestät wolle doch nicht so leichtlich alle dem jenigen / was offte auff mißgönstiger Leute Relation, von dem Durchleuchtigsten Printzen Perseo, vieleicht auß guhtem vnd wolmeinendem Hertzen wird vorgebracht / glauben zustellen. Denn ob wol nicht zu glauben / daß seine Durchleuchtigkeit etwas erdichtetes Ewer Majestät solte referiren, so kans doch leicht geschehen / daß andere auß sonderbahrer Neidt vnnd Feindtschafft / welche sie zu vielgedachtem Herren Hofemeister tragen / solche vnnd derogleichen hochschädtliche Practiquen fingiren vnd erdencken möchten / die jenige so es mit Ewer Majestät vnnd dem gantzen Reiche wol vnnd getrewlich meinen / nicht allein in Gefahr vnd Vngnade / besonderen wol gahr in Noht vnd Todt zu bringen. Didas gehet ein.

PERSEUS. Was Herr Vetter Antigone, zweifelt E[wer] L[iebe] noch an dem verrähterischen Vorhaben des Statthalters Poridis, da doch dasselbe so hell vnd Sonnenklahr / daß es nicht kan noch mag geleugnet werden / aber der Herr Hofemeister kompt eben zu rechter vnd bequemer Zeit / denn er das alles daß jenige / dessen ich anjetzo gedacht / in der Warheit also beschaffen sey / wird glaubwürdige Zeugnüsse geben vnd mittheilen können.

PHILIPPUS. Herr Vetter Antigone, mich wundert zum höchsten / was euch doch immermehr bewegen mag / des leichtfertigen Statthalters / vielmehr aber seiner Verrähterey so euch anzunehmen / ich bin warlich der gentzlichen Meinung / mein Sohn Perseus sey eines so redlichen auffrichtigen[236] Gemühtes / daz er nimmermehr der Warheit etwas zu wieder vorbringen werde / zweiffele auch nicht / weil er in dieser Sachen vnseren Hofemeister Didam zum Zeugen geruffen / es werde derselbe solche vnd derogleichen hochschädliche Practiquen, zu Versicherung vnserer Majestät / zuerfahren vnd inne zu werden sich höchstes fleisses bemühet haben.

DIDAS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr keine andere Sache ists / welche mich anjtzo vor E[wer] Königl[iche] Majestät zuerscheinen / angetrieben hat / alß eben diese / davon in gegenwertigem Rahte wird gehandelt. Demnach sich aber mein gnedigster Fürst Perseus, auff meiner Weinigkeit Gezeugnüsse hat beruffen / alse bekenne ich hiemit vor E[wer] Majestät vnverholen / daß der Statthalter Poris, vnd dessen Sohn Alexander, gefehrliche vnnd hochschädliche Practiquen nun eine geraume Zeit hero mit dem Printzen Demetrio vnnd vnseren Feinden den Römeren angestifftet vnd betrieben haben. Vber das alles / nach deme ich von Ewer Königlichen Majestät allergnedigst befehligt worden / auffalle heimligkeiten / so zu Nachtheil Ewer Majestät vnd deroselben hochlöblichen Königreiches passiren möchten / ein wachendes Auge zu haben / alß habe ich solchen Königlichen Befehl mit fleiß in obacht nehmendt / meiner vntergebenen Soldatesca, absonderlich aber denjenigen / welchen die Wachten anbefohlen / ernstlich commandiret vnd aufferleget / auff alles fleissige Auffsicht zu haben / vnd alle Botten vnd reisende zu visitiren, alß ist mir am heutegen Tage ein sehr verdächtiges Schreiben des Statthalters Poridis zugestellet / welches ich hiemit in vnterthänigkeit E[wer] Majestät will offeriret haben.

PHILIPPUS lieset den Brief heimlich mit grossem Zorn vnd Verwunderung / giebet jhn hernach dem Printzen Perseo / der lieset jhn öffentlich / der König fehet starck an zu schreien. O Wehe mir / wehe mir! O erschreckliche Verrähterey! O vnerhörte[237] Falschheit vnd Bubenstücke? Verfluchet seistu leichtfertiger Bösewicht / du abgeschümeter Verrähter / woltestu mich vnd mein Königreich meinen Feinden in jhre Hände vnd Gewalt überliefern? Warlich / daß soll dir bald verbotten werden. Geschwinde Dida, nim zu dir die allerfrewdigste vnnd tapfferste Kriegesleute / vnd lasse mir den Statthalter (ey was sage ich Statthalter / den Verrähter meine ich) seinen Sohn vnd Tochter mit den stärckesten Ketten binden / vnd in die tieffeste Gefengnüssen führen / das er morgendes Tages auff das greulichste torquiret vnd gepeiniget werde / vnd daß man /

ANTIGONUS felt dem Könige in die Rede. Großmächtigster König / E[wer] Majestät lasse sich doch den Zorn nicht so hefftig übereilen / sie lasse jhr (wo es müglich) auch des Herrn Statthalters Verantwortung anzuhören belieben.

PHILIPPUS sehr zornig. Was Antigone, wollet jhr einen solchen Verrähter vertheidigen? seht euch wol für / daß jhr euch nicht selber etwa einen Verdacht auff den Halß ladet.

ANTIGONUS. Großmechtigster König / ich getröste mich meines guten vnnd reinen Gewissens / alldieweil ich aber gentzlich spühre / daß ich mit nichten kan noch mag gehöret werden / alse nehme ich hiemit in Vnterthänigkeit meinen Abscheidt.


Gehet ab sehr betrübet.


PERSEUS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / ob zwahr E[wer] Majestät dem Hofemeister vnd Obristen Didæ auff daß klüglichste gebohten / den Verrähter Poridem mit den seinen gefänglich anzunehmen / so erachte ich es[238] doch viel vortreglicher seyn / (jedoch auff E[wer] Majestät allergnedigst Verbesserung) daß man damit noch ein weinig einhalte / biß auff den Abendt / damit der Handel ohn allen Tumult vnd Anlauff des Pöbels möge abgehen.

PHILIPPUS. Gahr recht / gahr recht / mein Sohn / vnd du Dida wirst vnserem ernstlichem Befehlich gehorsahmlich nachzukommen wissen / wir aber wollen hinein gehen / damit allem bevorstehendem Vbel bey zeiten vorgebawet werde.


Sie gehen ab.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 234-239.
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