Scena V.

[247] Perseus alleine / darnach kompt Lurco zu jhme /auffs allerletzte kommen dazu Didas vnd Knapkäse.


PERSEUS. Ach Mars du gewaltiger Krieges Gott / du Vater vnd Patron aller ritterlichen Gemühter / dir will ich in all Ewigkeit Lob / Preiß vnd Danck opfferen / daß du mir deinem getrewen Favoriten vnd Diener so viel vnzehliche Gutthaten erzeigest / vnd beweisest. Ach was machestu mich glückselig / in dehme mir alle meine Anschläge nach meinem Wunsch vnd Willen von statten gehen / ja wie kan doch ein anmuhtigers Ding vnter der Sonnen seyn / alß wenn ein behertzter rechtschaffener Chevalier an deme / die jhme feindtlicher weise nachstellen / sich grausamlich vindiciren vnd rechen mag? wie ruhiglich ist nun mein Hertz vnd Gemühte contentiret, nach deme ich meinen stetigen Feindt vnd Wiedersacher den ruhmsprechigen Statthalter Poridem, sampt seinem vnerfahrnen Sohne dem Bawrstoltzen Alexander vnd der schnöden Eudocia, der vnverschämbten Bestien in eine solche disgratiam vnd Vngnade bey meinem Herren Vater gebracht habe / daß jhnen nunmehr auff das fleissigste nachgeforschet / ja auch durch den Obristen Didam, meinen außerkohrnen Freundt wird nachgejaget / bin auch der gentzlichen Hoffnung / er werde mir solche hoch vnd vielbegehrte Personen / mit Feßlen vnd Ketten auff daß hertiste gebunden / baldt / baldt præsentiren vnd überantworten / alßdann will ich eintzig vnd allein darauff bedacht seyn / wie ich mit allerhandt erschrecklichen tormenten mich auff das allergrausahmste an jhnen mag vindiciren vnd rechen. Lurco gehet ein. Aber sich da / woher mein Lurco, was bringstu mir doch gutes newes?[248]

LURCO. Großmechtigster Durchleuchtigster / hochgebohrner / vnüberwindtlichster / allergnedigster Herr / ich armer vnwürdiger Madensack bringe E[wer] Printzlichen M[ajestät] so überauß gute / schöne / köstliche / herrliche Newezeitungen / derogleichen dieselbe in alle ewige Ewigkeit nie gehöret noch vernommen.

PERSEUS. Hilff Gott / was sindt denn daß für herrliche / köstliche / schöne Newe Zeitungen? Jst Poris etwa gefangen?

LURCO. Nein / Gnedigster / Durchl[euchtigster] allertapferster Printz / Majestätischer Herr / es sind auff mein Seel solche elementische guthe Zeitunge / das wann sie E[wer] Durchleucht[igste] Mayestätt vnnd Ehrenvest mit denn zu sich ziehenden Instrumenten jhrer wollproportionirten Ohren erhören / vnnd hernach recht consideriren werden / beförchte ich sehr sie werden darüber vor grossen freuden in eine Ohnmacht fallen.

PERSEUS. Du machest mir da einen greulichen grossen senff / möchte einem doch / solche Zeitungen zu erfahren / vnterdessen gantz vnd gahr die Lust vergehen. Sage an waß ists denn endlich?

LURCO. Allerdurchleuchtigster / Hochgeborner Printz / Fürst / Herr vnd Ritter / hole mich (mit gunst zu reden) der schwartze Hencker / sindt es nicht solche anmuhtige / liebreiche vnd schöne reporten, avisen, Zeitung vnd Mehre / daß sich E[wer] D[urchleuchtigkeit] nicht allein gottsjemmerlich darüber erfrewen / verwunderen vnd entsetzen wirdt / besonderen auch mir jhrent halben einen guten Schmauß spendiren / schencken vnd mittheilen.

PERSEUS. Ey ja Lurco, ist dirs darümb zuthun / damit kan man dir helffen / was mögen das aber woll für Wundersahme so seltzame Zeitungen sein / mache doch ein ende davon vnd[249] halte mich nicht lenger auff / sindt aber deroselben so viel / das du eine geraume Zeit / selbige zu erzehlen haben must / so molestire mich jtzundt nicht damit / denn ich vor dieses mahl andere Sachen zu ponderiren habe / an welchen mier mehr gelegen.

LURCO. Ey nein / nein / nein / Durchleuchtigster / Großmechtigster / Majestetischer Printz / es soll nicht so gahr lange wehren / es sindt auff meine Seel nur drey Worth zürnet doch nicht / höret mich doch.

PERSEUS. Was wils den endlich werden? was sindts denn für 3. Wohrt.

LURCO. Nu komts: Poris ist todt.

PERSEUS erschrickt gleichsam. Was sagst du Lurco?

LURCO. Poris ist todt.

PERSEUS. Was? Waß? Jst der verrähterische Stadthalter Todt?

LURCO. Poris ist todt.

PERSEUS. Wie ists aber mit Alexander seinem bawrstoltzen Sohn / dem vngeschliffenen Cujon beschaffen?

LURCO. Todt

PERSEUS. Wie denn mit seiner leichtfertigen Tochter / der nichts würdigen Bestia?

LURCO. Todt

PERSEUS. Ey Lurco gieb mir doch rechten Bericht von allen Sachen vnd lasse mich doch eigentlich wissen / wie dieselbe zugangen sey.

LURCO. Allerdurchleuchtigster / Großmechtigster Printz / gnedigster Herr / ich wolte meine Rede / Worte / vnd parlamenta weitleuftig genug hervor spendiren / vnnd von allen[250] Dingen weitleufftige relation vnd Bericht thun / wenn ich nicht E[wer] Grandeza zugesaget vnnd verheissen / nicht mehr / alse nur drey Worte zu Naretiren, diciren, loquiren, parliren vnd reden / also ist mir nun greuwlich angst / daß ich E[wer] Großmütigkeit (welches ich denn nicht vmb zehen Kannen Wein zuthun begehre) höchlich schrecklich vnd grausamlich solte irificiren vnd erzürnen / darümb habe ich nur mit dreyen werten meine meinunge außgegossen vnd genarrieret.

PERSEUS. Hilff Jupiter / waß machest du mir viel wesens vnnd plauderens / sage mir doch vmbständtlich / wie daß gantze werck an jhm selber beschaffen? Didas gehet auff. Lurco reuspert sich. ia wahrlich nun soll es angehen.

DIDAS. Die Götter verleihen dem Durchleuchtigsten Hochgebornen Printzen Perseo / Gesundtheit / langes Leben / Glück / Heil / Triumph vnnd Victori über alle seine Feinde.

PERSEUS mit frölichen Gesichte. Das walten alle Himlische Götter: Aber saget mir baldt mein allergetrewester Freundt: Jst mein Feindt vnd Wiedersacher todt?

HANS fehret herauß. Ja auff meine Sehl Ehrenvester Herr / der Hunsfott wahr so steiff wie ein Holtz / ich habe jhn cujoniret daß es ein Lust wahr / er hat mir pour dieu nicht ein einziges wort dörfen wiedersagen.


Perseus. Kehret sich von jhm / Didas stosset Hansen zu rücke.


PERSEUS. Was wilt du Geck. Ad Didam. Herr Obrister / sagt mir doch baldt wie es eigentlich mit dem wercke beschaffen / Lurco hat zwar viel dinges berichten wollen / der Narr weiß aber gahr nichts ümbstendiges davon.

DIDAS. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / demnach ich mich Königl[icher] Majestätt ernstlichem befehlich[251] nach auffgemachet / vielgedachten Stathalter sampt den seinigen zu suchen / vnd in gefengliche Hafft vnd verwahrunge zu bringe / bin ich entlich nach dem ich jnen nachgejaget / auff ein grossen Platz kommen / da ich Poridem benebenst seinem Sohne Alexandro in jhrem eigenen Blühte liegende gefunden / an der Eudocia aber habe ich durchauß keine Wunden noch Masen spüren können / nach deme ich aber alles woll vnd fleissig besichtiget / auch aller gelegenheit embsig wahrgenommen habe ich befunden / daß Poris vnd seyn Sohn in jhre eigene Schwerter gefallen die Eudocia aber / weil ich sie voller Mackelen / dabenebenst etwas geschwollen / auch ein gläsernes Gefäß bey jhr gefunden / sich mit einem giffttrancke hingerichtet hatte; Dieses nun ists kürtzlich was ich von dieser wunderlichen Geschichte E[wer] D[urchleuchtigkeit] vnterthänigst habe referiren wollen.

PERSEUS verwundert sich. Mit höchster verwunderung / vnd fast vnglaublichen entsetzen / muß ich anhören / diese so kühn vnnd dürstige That des verzweifelten Poridis vnnd seiner Kinder. Nun wolan sie haben alle mit einander jhren rechtmessigen verdienten Lohn / Nun wil ich nicht auffhören mich ebener massen vnd gestalt / an allen anderen meinen Wiedersachern vnd Feinden auffs grimmigste mich zu vindiciren vnd rechen / aber du Lurco, weich abe mit deiner Geselschafft / denn ich mit dem Herren Obristen ins geheim etwas sonderliches zu communiciren habe.

LURCO. Großmechtigster / Durchleuchtigster allergnedigster Printz / auff E[wer] D[urchleuchtigkeit] gestrenges begeren will ich mich durch die Standarden meiner Beine / von hinnen so verschrauben vnd das panquet / sampt allen zugehörigen Sachen / auff daß prächtigste vnd delicateste præpariren lassen.

HANS. Da muß ich pour dien mit hin / ey Monsieur Lurco, eure Gnaden nehmen mich armen Teuffel doch mit / ich[252] wil woll auffwahrten / Gläser ausschwencken vnd sonsten mit fressen vnnd sauffen daß beste thun.

LURCO brüstet sich. Nun nun es sey dir erlaubt / Sie gehen ab.

PERSEUS. Nun mein getrewster vnd allerliebster Freundt Dida / jhr habet mir bißanhero in allen vorgefallenen Occasionen / welche ich zum theil meinen fürstlichen nahmen vnd reputation, zum theil mein Leib vnd Leben betroffen / die beste vnd fürtreglichste consilia vnd anschlage ertheilet: Durch euwren klugen vnd getrewen raht habe ich Poridem vnnd die seinige in die eusserste desperation gebracht / mich aber einer grossen Gefahr entlediget / nun ist noch eines überig / welches mich über die masse sehr tormentiret vnd quehlet / nemblich daß Glück vnd der Wolstandt meines feindtseligen Bruders / deß abgescheumten Bösewichtes vnd Verrähters Demetrij. Jn betrachtunge aber / der so grossen dienste / die jhr mein getrewster Freundt mir jederzeit erwiesen auch mannigmahl in meinen nöthen dadurch gerahten vnd geholffen habet / kan ich nicht vorbey / euch abermahl auff das fleissigste zu bitten vnd zu ermahnen / jhr wollet mir auch vor dieses mahl noch jeniges mittel zeigen durchwelches ich den jenigen / den ich von grundt meines Hertzen hasse / nemblich vielgenandten Demetrium / (der nicht wehrt ys das er mein Bruder heissen soll) gentzlich möge außrotten vnd vertilgen / Ach was wolten wir alsdan ein glückseliges vnd fröliches Leben führen / ich versichere euch Herr Obrister daß wann ich alsdan die geruhige possession des Macedonischen Reichs würde eingenommen haben / ich euch stundlich zu meinem allergeheimsten Raht vnd Stadhalter meines gantzen Königreiches wolte setzen vnd ordnen.

DIDAS. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / der grossen vnverdienten Ehren / so E[wer] D[urchleuchtigkeit] mir anjtzo[253] præsentiren / thu ich mich vnterthänigst bedancken vornehme mit höchsten schmertzen / das sich dieselbe wegen jhres Bruderen glücklichen zustandes so hefftig bekümmeren / Jch bitte aber in vnterthänigkeit / E[wer] D[urchleuchtigkeit] wolle sich dieses Werck nur nicht so hoch angelegen sein lassen / in betrachtunge man diesen dingen gahr leicht kan zuvor kommen. E[wer] D[urchleuchtigkeit] ist sehr wol wissendt was massen Demetrius stündtlich von Rom anhero kommen wird / dabenebenst ist jhr auch überflüssig bewust / was massen Jhre Königl[iche] Majestett den Demetrium in grossem verdacht helt / alse colludirte er heimlich mit vnseren feinden den Römeren / diesen verdacht nun / ist hoch nöhtig / das wir mit allen fleisse zu mehren vnd zustercken stetig bedacht sein / zu dem ende wollen wir vns auff das schleunigste zu Jhrer Königl[ichen] Majestätt hinein verfügen / persuadiren vnd überreden / es komme Demetrius zu keinen anderen ende von Rom wieder anhero / daß er des Königes vnd des Reiches geheime sachen vnd Anschlage / den Römern durch Schreiben vnnd Botten offenbahre. Jch weiß gewiß / so baldt Jhre Königl[iche] M[ajestät] ein solches von jhm werden vernehmen / hat Demetrius bereits viel zu lange gelebet / vnd wird der König nicht vnterlassen jhn in seinen grimmigen eiffer vnd zorn auff das greulichste hinrichten zulassen.

PERSEUS ümbfehet Didam. O des wol bedachten Anschlages! O des klugen vnd nutzlichen rahts Nun erfahr ichs in der warheit / das die Götter vom Himmel euch mir geschencket haben / damit ich durch euwre Hülffe ein glückseliger Monarchie vnnd beherscher des Macedonischen Reichs werden möchte. Nun wolan / ich verspreche euch hiemit bey Fürstlichen Ehren vnd treuwen / solcher grossen Wolthaten in ewigkeit nicht zu vergessen / Aber lasset vns hinein gehen vnd vnsere wolersonnene Rahtschläge mit allem fleiß vnnd auff das schleunigste ins werck zu richten vns bemühen.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 247-254.
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