Osterlied

[288] 1.

O Fröliche Stunden!

O herrliche Zeit!

Nun hat überwunden

Der Hertzog im Streit.

Der Löu hat gekrieget,

Der Löu hat gesieget.

Trotz Feinden, Trotz Teufel, Trotz Hölle, Trotz Tod!

Wir leben befreiet aus Trübsahl und Noht.


2.

Der Würger verjagte

Die Menschen mit Macht,

Und Satanas plagte

Zu Tag' und zu Nacht

Die traurige Sünder;

Die Höll' auch nicht minder

Hat jmmer bißhero den Meister gespielt

Und grimmig nach unseren Seelen gezielt.


3.

Es war hie zu finden

Kein David, der bald

Auch kont' überwinden

Deß Riesen Gewalt

Noch muhtig in Nöhten

Den Belial tödten;

Kein Josua konte den Starken bestehn

Und lassen ohn' Harnisch und Waffen Ihn gehn.
[288]

4.

Es fand Sich kein Krieger:

Nur Jesus allein

War Krieger und Sieger,

Das Grab ließ Er sein,

Fuhr freüdig zur Hellen,

Den Satan zu fellen,

Woselbst Er die Riegel gantz loß hat geschraubt

Und kräftig den stärkesten Rauber beraubt.


5.

O liebliche Stunden!

O fröliches Fest!

Itz hat Sich gefunden,

Der nimmermehr läst

Die traurige Seelen

In Belials Höhlen,

Der willig Sein Leben für Andre verbürgt,

Doch endlich den Würger hat Selber erwürgt.


6.

Der Herr ist Ein Zeichen

Des Sieges, der Ehr',

Ein Zeichen, deßgleichen

Man findet nicht mehr.

Nun hat Er gelitten,

Nun hat Er gestritten,

Nun hat Er gesieget den Feinden zu Trutz,

Uns aber zum Frieden, zum Nutz und zum Schutz.


7.

Ihr Klagende, höret,

Was Christus gethan:

Die Sünd' ist zerstöret,

Ihr schändlicher Plaan

Ligt gäntzlich vernichtet.

Wir bleiben verpflichtet,

Dem Herren zu dienen mit jnniger Lust:

O selig, dem diser Triumph ist bewust!


8.

Das Fleischliche Leben

Ist nunmehr durch Ihn

Dem Geist' untergeben,

Der tapfer und kühn

Weiß mit Ihm zu kämpfen,

Die Lüste zu dämpfen,

Läst ferner nicht blikken den sündlichen Baum

Und gibet hinführo den Lastern nicht Raum.


9.

Der höllische Drache

Verübte mit Macht

Erschrekliche Rache,

Besigte die Schlacht:

Nun aber ist kommen,

Der Ihm hat genommen

Die Waffen; ja Jesus, der Ihn übereilt,

Hat unter uns reichlich den Raub ausgetheilt.


10.

In eben den Orden

Der Schanden und Spott

Ist auch gebracht worden

Die grausahme Rott';

Ich meine Dich, Helle:

Der Tod, dein Geselle,

Hat schimpflich verlohren den Stachel im Krieg'.

O flüchtige Feinde, wo bleibet Eür Sieg?


11.

Schaut, Pharaons Wagen

Und schrekliches Heer

Ist gäntzlich zerschlagen,

Da ligt es im Meer.

Die Starke für Allen

Sind nunmehr gefallen.

Komt, lasset uns disen Triumph recht besehn,

Der Allen und Jedem zu Guht' ist gescheen!


12.

O Jesu, wir preisen

Dein' herrliche Macht

Mit liblichen Weisen:

Du hast uns gebracht

Die Wolfahrt von oben,

Drum wollen wir loben

Dich Helden, dich Kämpfer, dich Löuen im Streit:

Bleib' ewig zu helffen uns Allen bereit.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 288-289.
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