Röm. 5, 19.

[321] Wie durch Eines Menschen Ungehohrsahm viel Sünder worden sind: Also auch durch Eines Gehohrsam werden viel Gerechten.


Melodie: O Gottes Statt, O himlisch Licht.


1.

O Schwehrer Fall, der Adam hat

Vom Schöpffer abgewendet!

O Sünd', O Schand', O Missethat,

Welch' ihn so gahr verblendet,

Das er von Gott sich hat gekehret,

Der doch so treflich ihn geehret,

Ja der mit grossē Ruhm u Pracht

Zu seinem Bild ihn hat gemacht!


2.

O harter Fall, das Adam ist

Dem Schöpfer Feind geworden,

Wodurch hernach in schneller Frist

Auch in der Sünder Orden

Wir arme Menschen sind gesetzet!

Der Fall hat uns so sehr verletzet

Das wir zum Guhten taub und blind

Itz nichts als HöllenKinder sind.
[321]

3.

O grosser Fall, der nicht bestund

Allein im Apfel-essen:

Ach nein! des Hertzens böser Grund

War gäntzlich nicht zu messen.

Schaut, wie dort Adam Gott sein wolte,

Den er doch kindlich fürchten solte:

Diß war die hoch verfluchte That,

Die Höll' und Todt verdienet hat.


4.

O tieffer Fall! war Adam nicht

Das schönste Bild auf Erden?

Noch war er auf die Frucht verpicht,

Welch' ihn lies heßlich werden.

Er hat solch' eine Schuld begangen

Als Satan, welcher ihn gefangen,

Demnach sie Beid' und zwahr allein

Dem Schöpfer wolten ähnlich sein.


5.

O schnöder Fall, der Adam hat

Aus Gottes Bild' und Leben

Vermittelst solcher Missethat

Gebracht und ihm gegeben

Des Satans Bild, in welches Orden

Er viehisch, ja recht Teuflisch worden,

So daß nach seines Meisters Lehr'

Er sucht sein eigne Lib' und Ehr'.


6.

O schwehrer Fall, O sündlich' Ahrt!

Es wird schon in der Jugend

Dis Gift im Menschen offenbahrt:

Da hassen ja die Tugend

Auch die noch unerzogne Kinder,

Die sind zum Argen viel geschwinder

Als mancher, der schon lange Zeit

Gelebt in diser Eitelkeit.


7.

O böser Fall, der nichts erregt

In uns als Stoltz und Triegen,

Der unsre Seel' und Hertz bewegt

Zum Fluchen, Lästern, Liegen,

Zur Rach', Hass', Unzucht, Fressen, Sauffen,

Zum Wucher, geitzen, balgen, rauffen,

Zur Schalkheit, Hoffart, Hinterlist

Und allem, was ein Greuel ist.


8.

Gleichwie wir nun in Adam sind

Verderbt, ja gantz verlohren,

So werden wir darauf geschwind

In Christo neu gebohren:

Von Christo müssen wir empfangen

Den Geist der Lib', aus Gott gegangen,

Den Geist der Weißheit u der Stärk;

Alsden so thut man Christi Werk'.


9.

In Adam waren alzumahl

Wir jämmerlich gestorben,

Leib, Seel' und Geist auch durch die Zahl

Der Laster gahr verdorben.

Nur Gottes Geist könt' uns erheben,

In Christo gleich aufs neu zu leben

Und das zu thun in diser Welt,

Was unserm Schöpfer wolgefält!


10.

So leben wir in Christo recht,

Demnach wir angezogen

Den neuen Menschen, der nur schlecht

Zum Guhten wird bewogen.

Drum können wir noch hier auf Erden

In Gottes Bild verklähret werden,

Wen wir in diser LebensBahn

Theils thun, was Christus hat gethan.


11.

Lob, Ehr' und Dank, Herr Jesu Christ,

Sei hertzlich dir gesungen,

Das du gehohrsam worden bist

Für mich und hast verdrungen

Des alten Adams sündlichs Wesen.

Wol uns! nun können wir genesen

An Seel' und Leib' erst in der Zeit

Und folgends in der Ewigkeit.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 321-322.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Flegeljahre. Eine Biographie

Flegeljahre. Eine Biographie

Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.

386 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon