Loblied zu Ehren dem Cupido

[174] Wer ist, der deine große Macht,

Cupido, kan erzählen?

Du hast den besten Rat erdacht,

Wir können's nicht verhehlen;

Drum rühmen wir dich ohne Spott,

Du bist der allerstärkste Gott,

Dir thun wir uns befehlen.

Daß alles nun aufs neue lebt,

Daß sich die Vöglein paaren,

Daß Bacchus an den Ulmen klebt,

Die Kräuter sich verjahren,

Das, rühmen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Du kanst es auch bewahren.[174]

Daß jetzt der Stier die Kühe sucht,

Der Bock die weißen Ziegen,

Daß Philomel dem Tereus flucht,

Die Dohlen häufig fliegen;

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Du kanst sie all betriegen.

Daß jetzt die Vöglein mannigfalt

Bäum', Erd' und Nester füllen,

Daß sich jetzt freuen Jung und Alt,

Die Schaf auch Lämmer stillen,

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Nach allem deinem Willen.

Daß sich das ungestüme Meer

Zur Ruhe thut begeben,

Daß in demselben hin und her

Die großen Fische schweben,

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Ohn' dich kan niemand leben.

Daß oft die Weisen kindisch sein,

Ja wol die Narren ehren,

Daß Starke werden groß und klein

Und lassen sich bethören;

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Du kanst sie leicht verkehren.

Daß Menschen, Vögel, Fisch' und Thier,

Und was man sonst mag nennen,

Mit Liebesflammen für und für

Gequälet, nicht verbrennen,

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

Wer solte dich nicht kennen?

Daß auch dieß vielgeliebte Paar

Einander ist verbunden[175]

Und sich nun endlich findt so gar

Verletzt mit Liebeswunden,

Das, singen wir ohn' allen Spott,

Verschaffest du, der Liebe Gott,

In so gar wenig Stunden.

Wer ist denn nun, der deine Macht,

Cupido, kan erzählen?

Du hast dieß süße Feur erdacht,

Das niemand kan verhehlen.

Wolan, du starker Liebesgott,

Wir wollen dir ohn' allen Spott

Dieß edle Paar befehlen.

Quelle:
Johann Rist: Dichtungen, Leipzig 1885, S. 174-176.
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