Das VII. capitel.

[96] Ursprung des königlichen stammes bis auf könig Bausbacken.


"Der könig Kederlaomar

Für viel jaren mein anherr war,

Da ich bin seins sons kindes kind;

Sonst aber man in bücher findt,

Wie ich selber auch hab gelesen,

Der Marx sei vor ein mensch gewesen,

Geboren in großem geschlecht,

So man die Quader nennet recht:

Denn wie Latona bat ein trunk

Für sich und für ihr kindlein jung,

Rürten sie allen dreck empor,

Das wasser sein klarheit verlor,

Welchs die Latona so verdroß,

Das sie den fluch über sie goß,

Sie soltn ewig im wasser bleiben,

Darein ihren mutwillen treiben.

So wurden sie zu frösch gemacht,

Wie in der schrift sonst wird gedacht.

Darum ist des Marxen geschlecht

Verstendig auf weisheit und recht

Und zu dem königreich erwelt,

Wiewols keiner erblich behelt,

Sondern das die fürsten all sieben

Welchen sie des geschlechts belieben

Ihres gefallens frei erwelen

Und ihm das königreich befelen. –

Es ist auch vielfeltig bedacht,

Weil man weder durch list noch macht[96]

Sich des storchen macht kont entnemen,

Ihm auch weder entgehn noch zemen,

Das man seinen tod bitten solt,

Ob der son besser werden wolt.

Welcher nicht kont blutgierig sein,

Weil er hett schwarzen mund und bein,

Weil er nur kleine würmlein schluckt

Und der frösch keinen unterdruckt.

Got hört es auch; der alte starb,

Der junge storch seine stet erwarb,

Der könig auch selbst zu ihm trat

Und um gnedig regierung bat,

Das er zusagt, wenn man nur tet

Was sein vater geboten het.

Ach wie oft wird hofnung betrogen,

Wie oft hat Werweiß gar gelogen!

Schnabel und bein wurden bald rot,

Er biß mer als sein vater tot,

Er bracht auch alle brüder mit

Und leret sie denselben schnit,

Die erzogen all so viel kind,

Das wir am land nicht sicher sind,

Das auch nach unser veter ler

Kein roter frosch on groß beschwer

Im austmonat das maul auftut,

Es sei am land odr in der flut,

Bis das die störch all sind verflogen

Und in ein ander land gezogen.

Sonst ist im see noch fried und freud:

Got bhüt ferner vor allem leid! –

Es komt aber daher unser klag,

Die wir füren zu nacht und tag,

Das Koax und der Kechs Barthold,

Den storch, zum könig haben wolt;[97]

Und wie geckisch wir taten dran,

Das wir Marxen und seine man,

So uns recht und gericht beschrieben,

Nicht wolten als die veter lieben.

Denn wenn man schuldig straf muß tragen,

So pflegt man sein torheit zu klagen."
[98]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 2, Leipzig 1876, S. 96-99.
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