Frühlingswandern

[3] Vom Berg ergeht ein Rufen,

Und Antwort schallt im Thal,

Da springen von grünen Stufen

Die Quellen allzumal.

Und Eines ruft's dem Andern,

Das klinget fern und nah:

Die rechte Zeit zum Wandern,

Die Frühlingszeit ist da!


O du holdselig Weben

In Wald und Thal und Höhn!

Nun athmet Alles Leben,

Und findet's gut und schön.

Nun mit der Lerche steige,

Mein Wandersang, empor,

Und klinge laut, und zeige

So frisch dich wie zuvor!
[3]

Durch all die Windeswellen,

Durch all die Frühlingszeit

Nun wandern, wie die Quellen,

Will ich mit Freudigkeit.

Wie jene rieselnd schweifen

Durch Schlucht und Halden viel,

Verirren sich und streifen,

Sie kommen doch an's Ziel.


Wählst du dir zum Begleiter

Den goldnen Lebensmuth,

Wie findest du so heiter

Die Welt, wie schön und gut.

Und wagst du kühn zu irren,

So drückst du einst mit Lust,

Mag auch der Weg sich wirren,

Erfüllung an die Brust.


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 3-4.
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