Die verirrte Seele

[107] Verirrt zu dir ist meine Seele,

Und weiß doch, daß sie nur verirrt,

Wie eine fortgewehte Blüthe,

Und ewig fremd dir im Gemüthe,

Umsonst die Heimat suchen wird.


Vergeblich, daß ich mir verhehle,

Wie du nicht ahnst, was um dich ringt!

Kein Hoffen täuscht das stille Bangen,

Und doch verstummt nicht das Verlangen,

Das keinen Frieden je mir bringt.


Sie fragen quälend, was mir fehle?

Der Tag ist blau, die Biene schwirrt:

Bin nicht daheim, bin nicht im Leben,

Seit ich die Seele hingegeben,

Die willenlos zu dir verirrt!


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 107-108.
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