5. Fröhlicher Abend

[152] Sterne schon winken und steigen

Nieder zur spiegelnden Fluth.

Komm, in des Abends Schweigen

Wandelt's am Strome sich gut!

Kühlung weht von den Wellen,

Düfte, den Blüthen entfacht,

Hoffen und Wünsche gesellen

Gern sich der dämmernden Nacht.


»Gruß euch, Jungfraun, ihr feinen!

Nehmet zu Diensten uns an!

Lasset den Weg uns vereinen,

Der uns so lieblich begann!

Kräftig die Ruder zu rühren

Harrten wir dort in dem Kahn,

Laßt auf die Wellen euch führen,

Ueber die funkelnde Bahn!« –


Weit schon klingt auf den Wogen

Ruder und fröhlicher Sang,

Ufer und Himmelsbogen

Lauschen verhallendem Klang.[153]

Und von den Tönen getragen,

Und von den Liedern verhüllt,

Wagen die Herzen zu sagen

Was sie beseligt erfüllt.


So auf den wiegenden Gleisen

Ueber die rauschende Fluth

Weit durch die Lande zu reisen

Wären wir wohlgemuth!

Liederklang auf den Wellen,

Droben der Sterne Pracht!

Hoffen und Wünsche gesellen

Gern sich der dämmernden Nacht.


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 152-154.
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