7. Morgengruß

[156] Auf des Rebengartens Stufen,

Wo sich hoch die Ferne baut,

In die Thäler möcht' ich rufen,

Muß ich singen meine Freud'!

Denn auf freier Lüfte Schwingen

Dröhnt von fern ein Büchsenknall,

Mir den Morgengruß zu bringen,

Jauchzend mit dem Wiederhall.


Durch den Hochwald früh am Tage

Streift ein keckes Jägerblut;

Weiß wohl, was ich mit ihm wage,

Hab für mich auch kecken Muth.

Mag vom Berg zum Rebenhange

Keine Brück' in Lüften sein,

Jeden Morgen doch empfange

Seinen Gruß ich über'n Rhein.


Frohes Herz, du bist gefangen,

Doch gefangen ist auch Er!

Geht zum Walde mein Verlangen,

Geht zum Hügel sein Begehr.[157]

Will es Berg und Berg nicht frommen,

Sich zu finden in dem Thal,

Jägerherz, wir beide kommen

Noch zusammen tausendmal!


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 156-158.
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