Siebenter Auftritt

[46] Christus mit seinen Jüngeren zu denen Vorigen.


CHRISTUS.

O werther freind sey mir willkommen.

WÜRTH.

Hast du den weeg zu mir genommen,

So geb, das ich umb deinen seegn,

Mich darff zu deinen füßen legn.

CHRISTUS.

Steh auf, der frid soll dir, und deinen

In höchst beglikten wohlstandt scheinen,

Du sichst mich hier als einen gast,

Den du sein bitt gewehret hast.

WÜRTH.

Dein bitten wäre mir ein schmerzen,

Befehle, dan ich gib von herzen,

Was nur in meinen kräfften ist

Weil du ja alles würdig bist.

Komm Herr! thue dich mit deinen sezen,

Und durch disß osterlamm ergözen,

Das ich dir zu beliebter zeith

Nach willen habe zu bereith.

CHRISTUS.

Was du allhier uns tuest vergonnen,

Wird dir der himmel reich belohnen,

Dan wer vill gibt, verdienet vill,

Das gott bezahlen kann, und will.

WÜRTH.

Ich lieb dich herr! das kan ich sagen.[46]

CHRISTUS.

Ich kunt auch keinen zweifl tragen,

Mein diener! hörth, was ich begehr,

Bringt wasser, und ein handtuech her.

DIENER.

Hier ist es meister! Christus. eh wür essen,

Müeßt ihr des waschens nicht vergessen,

Kommt, liebe jünger zu dem end

Wasch hier ein jeder seine händt.


Sie waschen sich nach Christum.


WÜRTH.

Ich wünschte nur mit tranckh und speisen,

Dir solche ehren zu erweisen,

Als immer ein so großen herrn,

Vor allen zu erweisen wärn.

Allein ists nicht in mein vermögen

Dir solche dienst hier beyzulegen,

Sech also nur den willen an,

Den ich dir einzig opfren kan.

CHRISTUS.

Sey ohne sorg: thu nichts mehr melden,

Mein Vatter wird es dir vergelten,

Der die verdienst der menschen sicht,

Und selbe nach den willen richt.

Von deinen uns gereichten gaaben,

wird man beständig ursach haben

Zu preisen jenes abendtmahl,

So ich genoß auf deinen Saal.

Nun eh wür essen ist vonnöthen,

Das wür zu meinem Vatter betten:

O Vatter in dem himmelreich!

Wür preysen alle dich zugleich.

Dein nahm soll stätts geheyligt werden,

Wie in dem himmel auch, auf erden,

Gib uns dein reich, dein will gescheeh,

Uns nur mit deiner gnadt anseh.

Das täglich brodt wollst uns auch geben,

Dem leib, und auch der seel zum leben,

Vergebe uns all unser schuldt,

Wie wür vergeben mit gedult.

Bey allen bleibe ungerochen,

Die etwas wider uns verbrochen,[47]

Erlöse uns von der gefahr,

Das werd, und seye ewig wahr.

Nun komt zu tisch das lamb zu essen,

Wie das gesaz uns vorgemessen.

PETRUS.

O herr! allein in deinem nahm,

Genüßen wür das osterlamb.

CHRISTUS.

O mit was freyden, und verlangen,

Befor mein leyden an wird fangen,

Hab mich nach diser speis gesennt,

Weil ich den werth gar wohl erkennt.

Ich warne euch, auf dises essen,

Niemahlen meiner zu vergessen,

Dan es ist mehr als zu gewis,

Das ich mit euch das leztmahl isß.

Die stund ist würckhlich angebrochen,

Die sich der neyd zum Zihl versprochen,

In welcher er sein mord begirdt

Durch meinen todt vollenden wird.

WÜRTH ad Spectatores.

Auch ich will dises tags gedenken,

So lang gott wird das leben schencken.

Wo freyd, und leyd nur allzuvill

Und keins dem andren weichen will.

CHRISTUS.

Weil ich noch bin in disen leben,

Gebt mir auch vom gewächs der reben,

Nach dem gesaz soll beydes sein,

Die speis so wohl als auch der wein.

WÜRTH.

Herr! alles sollst du hier empfangen,

Befehle nur, was dein verlangen.

DIENER.

Hier werther meister ist der wein,

Er soll von besten reben sein.

CHRISTUS.

Was jezt geschicht, wir nicht geschehen,

Bis wür einander widrum sehen

In jenem blauen sternen landt,

Von dem mich gott zu euch gesandt.[48]

Trinkt also, was ihr könnt ertragen:

Doch wohl erwegt, was ich thue sagen:

Das alt gesaz hat nun ein endt,

Hiemit ein neus an mir erkennt.

Das alt lasß ich in seinen weesen,

Weils es nur ein Figur gewesen,

Des neuen Testaments der gnad,

Zu dem ich Jud, und heyden lad.

Diß mein gesaz wird ewig bleiben,

Darum werd ich es unterschreiben,

Mit meinem bluth das gnaden voll,

Aus meinen wunden fließen soll.

Damit ich noch ein beispill gebe,

Die kurze zeit in der ich lebe,

Bringt wasser her! ja zum gebrauch

Bringt mir ein beck, und schurztuech auch.

WÜRTH.

Geh' nur geschwindt, nicht lang verweile,

Und schnell anher zu diensten eyle.


Diener gehet ab.


Sag, meister ob noch sonst was fehlt?

CHRISTUS.

Nein: das dir dises gott vergelt!

Weil alles mus gewaschen werden,

Was unrein ist auf diser erden,

So will ich waschen euer füesß,

Eh ich am Creuz mein bluth vergieß.

DIENER.

Hier ist, mein herr! was dir gefallen,

Das wasser sambt dem andren allen.

CHRISTUS.

Nun liebste jünger nembt die lehr,

Wer unter euch will sein ein herr,

Der mus von allen hochmuth weichen,

Und sich mit mir im dienst vergleichen.

Wer einstens dise burden tragt,

Der denckh ich hab ihms vorgesagt.

Noch eins habt ihr aus dem zu lehrnen,

Eh ich mich mus von euch entfernen,

Wie ich das wasser hier aufgiesß,

Zu waschen eines jeden füesß,[49]

So thut mein lieb sich auch ergießen,

Und gegen euch recht strohm weis fließen,

Aus dem ihr also lehrnen wollt,

Wie ihr einander lieben sollt.

Komm, Peter! mir die füesß darreiche!

PETRUS.

Ach herr! von disen dienst abweiche,

Es ist zu vill, ich schäme mich,

Ich bitt, o herr! entferne dich.

CHRISTUS.

Du weißt nicht, was ich unternemme,

geh' also, dich zu dem bequemme,

Was ich dir sag, und bildt dir ein,

Du must von mir gewaschen sein.

PETRUS.

Das wird, und kan ja nicht geschehen;

CHRISTUS.

Wirst du mir dises nicht zustehen,

So hast (ich offenbahr es dir)

Auf ewig keinen theil an mir.

PETRUS.

Wie? Meister! ewig soll ich irren,

Auf ewig soll ich dich verlihren?

Ach dises nicht, so komm firwahr,

Wasch mir die füß, das haubt so gar.


Christus waschet unterdessen allen Jüngeren die füeß.


WÜRTH.

O gott! wer soll wohl ohne thrännen,

Ein solches beyspill sehen können?

PETRUS.

Ach liebster Meister, gott, und herr!

Du liebst uns einmahl allzusehr.

DIENER.

Hier lehret man wahrlich recht zu lieben,

Und dise tugendt auszuüben.

WÜRTH.

Mein herz ist ganz erstaunungs voll,

Ich weis nicht was ich reden soll.

Ach! wär der ganze Rhat zugegen,

Kunt er wohl dise thatt erweegen?

Und dannoch hassen jenen mann,

Der solche demüth üben kan?[50]

Wer hier soll stehen unbewogen,

Der hat ein tyger brust gesogen,

Der hat gewis ein solches herz,

Das härter ist, als stein und ärz.

CHRISTUS.

Nun ungewaschen weis ich keinen,

Seyt also rein, doch bis an einen,

Nun mehro hab ich gar vollendt,

Das alt gesaz und testament.

Hingegen thut das neu anfangen,

Zu dessen Crafft ich mit Verlangen

Damit ich meine pflicht erfüll,

Vors heyl der menschen sterben will.

Nun widerum euch zur taffl sezet,

Mit meinem fleisch, und bluth ergezet,

Das ihr, wie es die lieb begehrt,

Aus meiner handt genießen werd.

Ihr habt mich auf der triebsaal straßen,

Niemahls mit eurer treu verlassen,

Habt stätts gewacht bis an das end,

Beständig meine lehr erkennt.

Nun will ich gleichfalls diß erkennen,

Und mich nicht mehr von euch abtrennen,

Bei euch verbleiben, obwohl verstellt,

Bis an das lezte endt der welt.

Das ist mein leib, nemmt hin und esset,

Mein leyden darbey nicht vergesset,

So offt ihr brechen werdt das brodt,

Gedenkt darbey an meinen todt.

WÜRTH ad Spect.

O übermas des wahren lieben,

Das niemand kan als gott ausüeben!

CHRISTUS.

Diß ist der kelch in meinen bluth,

Gedenckt an mich, euer höchstes gut.

Diß werde ich vor euch vergüeßen,

Zu aller heyl wird dises fließen,

Aus meinem leib bis durch die pein

Kein tropfen mehr wird übrig sein.

Diß hat mein leib euch eingeschenket,

(Ach! allzeit doch an mich gedenket)

Nemmt hin, und trüncket all daran,

So offt ihr thuet, was ich gethan.[51]

DIENER.

O großer gott! was heyl, und seegen

Bringt nicht dein höchste lieb zu wegen.

WÜRTH.

Wer sicht in diß geheimnuß ein,

Und kan genugsam dankhbar sein?

PETRUS.

Unendlich ist diß angedenken,

Vor das wür uns dir völlig schenken,

O herr! dir seye lob, und danckh,

Umb deiner gaben, speis, und tranckh.

Wodurch du dich uns selbst gegeben,

Damit wür mit dir ewig leben.

ALLE.

O herr! dir seye lob, und danckh,

Umb deine gaben, speis, und Tranckh.

CHRISTUS.

Ach liebste jünger wan ihr danket,

Wie komts das einer aus euch wancket?

Ja das er mich schon in der still

Verkaufst hat, und verrathen will?

Ist diß der lohn, den ihr mir weiset,

Weill ich euch mit mich selbst gespeiset?

Das nun aus euch ein jünger ist,

Der mich verrath durch falsche lüst.

PETRUS.

Wie? liebster herr! hier bey dem essen,

Soll einer sein so treu vergessen,

Der unter einen falschen schein

Noch solle dein verräther sein?

Ach, maister! wird ja diß dein klagen

Nicht nur von meiner untreu sagen?

JOANNES.

Diß wäre mir die größte pein,

Wan ich derjenig sollte sein,

Eh wollt ich lassen tausendt leben,

Als dich den feinden übergeben.

JACOBUS ¸.

Eh ich verlasse meinen gott,

Gieng ich auch selbsten in den todt.[52]

Ich herr! ich weiß von keinen wancken,

Und thue dir nochmahls herzlich dancken,

Doch laß uns wisßen jenen mann,

Und zeige uns den böswicht an.

ANDREAS.

Du schweigest? herr! was soll ich dencken?

Auf wem soll ich die inzücht lencken?

Soll mich diß unglückh wohl berührn!

Und ich dich zu der schlacht banckh führen?

BARTHOLOMÄUS.

Du sichst o herr in unsren herzen

Den billichist geschöpften schmerzen,

Bin ich villeicht in den Verdacht,

Der mich dir, um verräther macht?

THOMAS.

Du weißt, o herr! das wür dich lieben,

Was willst uns dan so lang betrieben,

Mach uns von disen kummer frey,

Und sag, wer der Vermeßne sey.

SIMON.

Für mich thue ich mich wohl nicht kränken,

Ich kunt kein solche thatt gedencken,

Doch zeig uns den Verräther an,

Auf das man ihn bestraffen kan.

MATHÄUS.

Mein Peter! doch den meister frage,

Ob er auf mich den argwohn trage?

Es fallet mir zwahr gar nichts ein,

Wie ich ihm kunt verdächtig sein.

PHILIPPUS.

Was! ich vornemmen das Verbrechen,

Und mich an meinen meister rächen?

Eh soll das feyer sich bewegn,

Und mich in staub und aschen legn.

JUDAS THADÄUS.

Unter uns ist es doch einer,

Diser ists, und sonsten keiner,

Der Betrug und untrey voll,

Ich bins nicht, das weis ich wohl.

JACOB M.

Der die höll in buesen traget,

Und gott alle lieb versaget,[53]

Der ists: wer solls aber sein?

Ich nicht, herr, dan ich bin dein.

PETRUS.

Sag, wer aus uns doch so vermessen,

Das er des eyds, und treu vergessen

Dich, als den allerhöchsten gott

Noch heuth will lifren in den todt?

CHRISTUS.

Hier aus euch zwölfen, sag ich dir,

Der in die schüssl reicht mit mir.

Der wird noch heuth mein leib, und leben

Dem hasß der Juden übergeben,

Des menschen Sohn geht zwahr dahin,

Nach der Propheten schrifft und sinn,

Weh aber jenen mann auf erden,

Von dem ich wird verrathen werden,

Es nuzte ihm in wahrheit mehr,

Wan er niemahls gebohren wär.

JUDAS.

Rabbi! wen soll wohl disß angehen?

Soll ich villeicht in argwohn stehen?

CHRISTUS.

Du hasts gesagt, und es ist wahr,

Dan einer ists aus diser schaar.

JOANNES.

Lasß uns doch den verräther wissen.

CHRISTUS.

Der ists, den ich reich disen bissen.

Nemb, Judas! hin von mir disß brodt,

Und gehe hin zur Juden rott,

Damit du mich noch in dem leben,

Derselben könnest übergeben.

Ich weis, das du kein ruh noch rast

In deinen falschen herzen hast.

So thue nur bald, was dir beliebet,

Und ein treuloser mensch verüebet,

Ich folg dir willig in den todt,

Geh, Judas! geh zur Juden rott.

JUDAS.

Ich kan dich Rabbi! schon verlassen,

Auch firohinn mit nachtrukh hassen.[54]

Doch wie? ich gibe mich zu blos,

Seys auch, der schimpf ist allzugros.


Ab.


PETRUS.

Wie Judas eylt zu denen waffen,

Und keiner soll den frevel straffen?

Herr! ich hohl den verräther ein,

Du sollst mir gleich gerochen sein.

CHRISTUS.

Halt innen, alles mus geschehen,

Was in der schrifft von mir zu sehen,

Will Judas selbsten nicht sein heyl,

So bleibt ihm auch an mir kein theil.

Wer diß auch nicht, mus ich doch sterben,

Und euch am Creuz das heyl erwerben,

Wohl dem, der einstens sagen kan,

Er hab auch einen theil daran.

ANDREAS contentio.

O herr! so gehst du in das leyden,

Und soll uns dise nacht noch scheyden?

Ach wehe! wan man dich uns entraubt,

Seind wür ein leib ohn oberhaubt.

Ein heerdt der schaffen ohne hürten,

So baldt zertrennen die begürten,

Wo hilff und rhat auf einmahl hin,

Und jeder folgt sein eignen sinn.

Befor du dan von uns willst gehen,

Geb, disen übl vorzusehen,

Auf das durch die einhelligkeit

Gehoben werden zanckh, und streitt.

Lasß also einen jeden sagen,

Wer eines meisters ambt soll tragen?

PETRUS.

Sey ohne sorg, zum fundament,

Der ganzen kürch bin ich ernennt.

Ich bin der felsen auf der erden,

Auf dem der bau geführt soll werden,

Den selbst die höll, des wüettens voll

Niemahlen überwinden soll.

Mir hat der herr, mir hat er eben,

Die himmels schlisßl auch gegeben,[55]

Und machte mich zu jenen mann,

Der binden, und auflösen kan.

Thue also keiner sich verliehren,

Der glaubt ihm soll disß ambt gebühren,

Wenn hat der herr erwöhlt wie mich?

Und wer soll meister sein als ich?

JACOBUS ¸.

Die frag ist jezt ja nicht gewesen,

Wer sey zum obern auserlösen,

In jenem werckh das nur allein

Der geistlichkeit mus eigen sein.

Die frag ist nicht, wer von den sinden

Auflösen könne oder bindten,

Die frag ist, wer uns in der thatt

Zu rathen, zu gebietten hat.

Mein mutter wollt in himmels zinnen

Uns brüdren lang den rang gewinnen,

Des meisters recht, und lincke handt

hat sie vor euch uns zuerkandt.

Glaub, wür des Zebedäi kinder

Seind nicht als du, als andre minder,

Uns also kommt die würde zu:

Wür tragen sie so gut als du.

ANDREAS.

Wan solcher würden aufzutragen,

Mus man nur nach dem alter fragen.

Dan klugheit, tugendt, rath, und wiz,

Hat nur beym alter seinen siz.

Die Jugendt selten etwas schlichtet,

Was nicht die blinde neigung richtet,

Das alter aber gibt den rath,

Der nur zum grund das beste hat.

Ich bin schon weith in meinen jahren,

Hab hin und her auch vill erfahren,

Und also sag ich ohne scheu,

Das ich aus euch der erste sey.

MATHÄUS.

Wer dem befehl weis nach zuleben,

Den soll man zu dem ambt erheben,

Weil jener nur gut herschen kan,

Der selbst ein guter unterthan.

Des meisters stimm kunt ich kaum fassen,

Als ich sogleich den zohl verlassen,[56]

Und eylte strackhs aus meinen tach,

Ihm meinen gott und herrn nach.

Sollt mein gehorsam euch nicht zwingen

Die meister stell mir aufzutringen?

Ich meines orths halt schon darfür,

Sie bleibe, und gebühre mir.

BARTHOLOMÄUS.

Ein meister ist ein großer nahmen,

Drum solle man hier auf den stammen,

Und auch auf die geburthen sehn,

So blind nicht in die sachen gehn.

Sollt man, wie billich disß erwegen,

So bin ich euch schon überlegen,

Drum gebet euch nur willig drein,

Ich mus, und kanns kein andrer sein.

PHILIPPUS.

Habt ihr die wüsten schon vergessen,

Als ihr kein brodt gehabt zu essen?

Wem fragt der meister dorth umb rhat,

Da dises so gemanglet hat?

Thatt ich dorth nicht das brodt darreichen,

So nachmahls durch ein wunderzeichen

Des herrns also wurd vermehrt,

Das so vill Volcks es nicht verzehrt?

Das euch alldorth vill guts geschehen,

Das müst ihr selbsten hier gestehen,

So denckt auf mich in disen streitt,

Das fordert die erkantlichkeit.

JACOBUS M.

Wan all nach disen schaz thun graben,

So werden wür Eylf meister haben,

Sollt ich von diser wahl allein

Villeicht nur ausgeschlossen sein?

Das wär ein schimpf so nicht zu tragen,

Ich wollts den meister selbsten klagen,

Er wurdts nicht thuen: drumb sagt und sprecht,

Ob ich nicht habe gleiches recht?

SIMON.

Vermeint ihr wohl ich solle weichen,

Und Simon sey nicht eures gleichen?

Das wäre mir wohl unerhört,

Ich sey der meister stell nicht werth.

Ich bin so wohl, als ihr geloffen,

Da uns des herrn stimm betroffen,[57]

Drum gib ich auch in diser sach,

Aus euch gewislich keinem nach.

JUDAS THADÄUS.

Das ist ein streitten ohne sigen,

Wan keiner hier will unterligen,

Wer wird dan entlich siger sein,

Wenn sezt ihr in die würde ein?

Wan alle auf sich selbsten hoffen,

Wen hat sodan die wahl getroffen?

Wan diser zanckh wird sein vollendt?

Drum lieber mich vors haubt ernennt.

THOMAS.

Hier ist es harth ein schlus zu machen,

Wo nur die eigne lieb thuet wachen,

Und streichet stätts so vill an ihr

Die eigene verdienst herfür.

Die wahl mus nur dahin geschehen,

Der herde bestens vorzustehen,

Der ist kein gutter oberhürt,

Der nur sich selbst zur weyde führt.

JOANNES.

Ich möcht hier nicht vill worth verlihren,

Und das geschäfft noch mehr verwirren,

Mein meinung halt ich in geheim,

Und stell mein stimm dem meister heim.

PETRUS.

Er hat mich da schon klueg genennet,

Und dises ambt mir zuerkennet,

Da ich bezeugte rund, und frey,

Wie das er der sohn gottes sey.

Ja er hat mich vor euch erhoben,

Und thatte mein erkantnuß loben,

Sagt auch, das ich die weisheitsgab

Besonders von dem himmel hab.

Zu dem must ich ihm auch auf erden

Zu einen menschen fischer werden,

Erkante also selbsten wohl,

Da ich diß ambt auch fischen soll.

Wer sollte sich sodan erfrechen,

Und mir die meister stell ab sprechen?

Diß geh ich wahrlich niemahls ein,

Ich müste nur nicht Petter sein.[58]

CHRISTUS.

So ist der streitt noch nicht vollendet?

Ach! wie seydt ihr so gar verblendet?

Das ihr zu dem ein neigung tragt,

Was euch doch die geburth versagt.

Ihr seyt ja alle untergeben,

Und müsset unter Könign leben,

Die mit dem Scepter in der handt

Regiren über leith, und landt.

Der sich aus euch am ersten sezet,

Der wird dem lezten gleich geschäzet,

Und wer dem andern vorgehn will,

Dem gildt der diener gleich so vill.

Dan wer ist höcher angesehen,

Der sizet, oder der thuet stehen,

Und nicht von seinen herrn weicht,

Dem er den trunckh, und speisen reicht?

Ich hab mich in die mitt gesezet,

Und euch beym tisch so werth geschäzet,

Das ich euch mehrer dienen wollt,

Als ihr von mir begehren sollt.

Nemmt dise lehren wohl zu herzen,

Und lindert mir dadurch den schmerzen,

Den ich allhier mit euch zu gast

Ab euren streitt, und zanckh gefast.

Ihr müßt allhier in diemuth leben,

Und dise wird euch dorth erheben,

Allwo auf euch schon warth zum lohn

Ein hocherbauter fürsten thron.

Den wird kein zeith, kein macht zernichten,

Auf disem werdt ihr mit mir richten,

(Darzu ich euch von nun erwehl)

Zwölff ganze Stamen Israel.

PETRUS.

O herr! mein schwachheit mir vergebe,

Will mich befleißen, das ich lebe

Wie du uns abermahl gelehrt,

Damit dein Nahm geheyligt werd.

CHRISTUS.

Mein Simon Peter! Du sollst wissen,

Wie das der Sathan sich beflissen

Stätts zu erbitten den gewalt,

Damit er dich auf die gestalt[59]

Wie man es mit dem waizen pflege,

Nach seinen willen reiteren möge.

Allein ich batte stätts vor dich,

Damit dein glauben niemahls sich

Vermindren soll mit gleichen werken,

Thue du auch deine brüder stärken,

Wan du durch disen gnaden schein

Wirst dermahleinst bekheret sein.

PETRUS.

Ach! liebster meister! aller orthen

Will ich aus disen deinen worthen

Verkündten jene glaubenslehr,

Die mit dir kommt von oben her.

CHRISTUS.

Nun thuet sich schon die sonnen neigen,

Und mir die stund zum abschid zeigen,

Vergeßt nicht meines fleisch, und bluths,

Als eures wahr, und höchsten guths.

Mit dem ich euch hier thätte laben,

Ihr werdt es auch beständig haben,

Weil ich euch dises hab geschenckt,

Damit ihr stätts auf mich gedenkt.

Lebt also wohl in lieb und friden,

Weil es doch mus nun sein geschiden,

Es seegne euch der höchste gott,

Ich aber geh in meinen todt.

PETRUS.

Wo du hingehst, will ich auch gehen,

Herr! du sollst mich stätts bey dir sehen,

Sag Meister! (dan du kenest mich)

Wie kunt ich leben ohne dich?

CHRISTUS.

Wo ich hingeh kanst du nicht kommen,

Ich hab ein strasßen vorgenommen,

So dir zu gehen vill zu schwär,

Nur gar zu rauch, und schrofficht wär.

PETRUS.

Herr! zeige mir doch jene strasßen,

Auf der ich dich bisher verlassen,

Hast mich nicht stätts bey dir gesehn,

Warum solls dißmahl nicht geschehn?[60]

Eh dir ein leyd sollt widerfahren,

Wagt ich mich in die Juden schaaren,

Und wollte auch mein eignes lebn

Vor dich, o herr! zum opfer gebn.

CHRISTUS.

Gemacht, thue nicht zu vill versprechen,

Sonst möchte gott dein untreu rächen,

Ich weis, du wirst zu meiner pein

Noch heuth von mir abtrünig sein.

PETRUS.

Ich, maister! soll mich von dir lenken?

Wie kanst von mir so hart gedencken?

Du weist, das ich dich herzlich lieb

Darum mich nicht so sehr betrüeb.

Mein leben will ich dir verpfänden,

Das mich kein marter soll abwenden,

Von dir, als meinen höchsten gott.

CHRISTUS.

Erwarthe nur die lezte noth.

Alsdan wird sich dein forcht baldt zeigen,

Die sonn wird aus dem meer nicht steigen,

Noch auch der hann zwey mahlen krähn

Da du schon wirst in zagheit stehn.

Und 3 mahl heuth aus angst, und schreken,

Mich zu verlaugnen dich erkecken.

Wan dich dan dein gewissen nagt,

So denckh, ich hab dirs vorgesagt.

PETRUS.

Das wird gewislich nicht geschehen,

Eh wollt ich in das feuer gehen,

Und übertragen alle pein,

Als dir nur einmahl untreu sein.

CHRISTUS.

Ich will dir noch ein mehrers sagen,

Du wirst auch kein bedencken tragen

So gar mit einen falschen eyd

Zu stüzen dein vermessenheit.[61]

Nur den verdacht von dir zu leinen

Als ob du einer wärst aus meinen.

So weith bringt dich dein forcht hinein.

PETRUS.

Ach herr!

CHRISTUS.

Es wird nicht anderst sein.

Wan ich euch (was offt wurd vollendet)

Ohn seckhl, taschen, schuech gesändet,

Sagt, hat euch jemahls was gefehlt?

ALLE.

Nein herr.

PETRUS.

Nichts auf der ganzen welt.

CHRISTUS.

Jedoch wer vor die noth zu stehen,

Mit einen säckl ist versehen,

Der nemm ihn sambt der taschen hin,

Und sehe, wie er was gewinn.

Der aber nichts hat in vermögen,

Thue seinen rockh zum kauf auslegen,

Und sech, wie er umb dises gelt

Sich bald ein schwerd zu handten stellt.

Dan man wird mich durch henckers waffen

Gleich einen üblthätter straffen,

Auf das, was immer in der schrifft

An mir bis auf ein haar zutrifft.

Und also werden alle zeichen

An mir ein mahl ihr endt erreichen.

JACOBUS ¸.

Hier sehe Meister! seindt 2 schwerdt

Wie du es von uns selbst begehrt.

Man lasse nur die Juden stürmen,

Wür werden dich gewis beschürmen.

CHRISTUS.

Es ist genug euch nicht betrüebt,

Und mich allein beständig liebt.

Nun ist es zeit, wür müessen eylen,

Und längers nicht allhier verweilen,

Zur danckhbarkeit sprecht das gebett,

Nach disem alle mit mir geht.[62]

ALLE.

Herr! der du dich zur speis hast geben,

Damit wür alle ewig leben,

Dir seye danckh hier in der zeit,

Dorth lob, und Preis in ewigkeit.

CHRISTUS.

Auch dir o freind! geb ich hingegen

Vor deine mühe, und treu den seegen,

Der niemahls von dir weichen soll,

Gedenckh an mich, und lebe wohl.

WÜRTH.

Was immer du bey mir genossen,

Ist ja aus deiner handt geflossen,

Du weist, das du mein alles bist,

Und alls, was mein, dir eigen ist.

Ach! kunt ich doch die gnad genüssen,

Dich allzeith in mein haus einschlüssen,

Du hättest ja vor den gewalt

Bey mir ein sichren aufenthalt.

CHRISTUS.

Ich weis, und lobe deinen willen,

Allein, ich mus jezt schon erfüllen,

Was ich zum endt erfüllen soll,

Drum sey getröst, und lebe wohl.

WÜRTH.

Ach! bittrer trost, verhaßtes leben,

Wer wird mir meinen meister geben.

DIENER.

Er gehet würckhlich in den todt.

BEYDE.

Ach großes leyd! erbarm es gott!


Wirdt zugezohen.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 46-63.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Wolken. (Nephelai)

Die Wolken. (Nephelai)

Aristophanes hielt die Wolken für sein gelungenstes Werk und war entsprechend enttäuscht als sie bei den Dionysien des Jahres 423 v. Chr. nur den dritten Platz belegten. Ein Spottstück auf das damals neumodische, vermeintliche Wissen derer, die »die schlechtere Sache zur besseren« machen.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon