Reinheit

[191] Schelte man doch nicht den Dichter,

Wenn auch er zuweilen sinkt,

Und wie anderes Gelichter

Aus des Lebens Pfütze trinkt.


Reiner nur in Gegensätzen,

Heller tönt empor sein Lied;

Nimmer weiß das Licht zu schätzen,

Wer das Dunkel stets vermied.


Wie ihn auch sein Wipfel kröne,

Wurzelt doch in Nacht der Stamm –

Und der Lilie keusche Schöne

Blühet aus des Teiches Schlamm!

Quelle:
Ferdinand von Saar: Gedichte, Heidelberg, (2) 1888, S. 191-192.
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