Actus 7.

[180] Cainis geht ein mit herr Tristrant, seinem schwager.


CAINIS spricht.

Herr Tristrant, schwager, reit mit mir!

Da will ich warhaft zeigen dir

Gardalego, die königin,

Der ich in lieb verhafftet bin.

Nampeconis, der könig, ihr herr,

Ist auff das jaid geritten ferr;

Derhalb die zeit wir sicher sein.

HERR TRISTRANT spricht.

Ja wol, ich will mit dir hinein.

Wöllen mit uns nemen ein knecht,

Den ich bracht in diß landt gerecht.


Sie gehen ab.


ISALD, DER GEMAHEL HERR TRISTRANTS geht ein und spricht.

Mir ist gleich heint mein hertz gar schwer.

Wenn nur meim herren nichtsen wer,

Der mit meim bruder ist geritten!

Wer lieber mir blieben vermitten.

König Nampeconis ist ein man.

Erfert er sie, so greift ers an.

Er weiß meins bruders bullerey wol

Mit seinem weib gar unverhol.

Villeicht wird es sein wol und recht.

Was bringt für mär der reissig knecht?

ULRICH, DER GHREISSIG KNECHT kumbt unnd spricht.

Gnedige fraw, klag uber klag!

Uns hat ereillet in dem hag

Nampeconis, uns angerent,

Wiewol wir mit gewerter hendt

Uns haben gewert ir vil erschlagen.

Zu letzt doch müd halb wir erlagen,

Das ewer bruder gieng zu grundt.

Tristrant, ewr herr, der ligt todt-wundt

Von eim scharpfen vergiften sper.[181]

Ietzund bringt man in gleich da her.


Man bringt herr Tristrant auff einem sessel blutig, der spricht.


Ach, bringt mir einen artzet her!

Ich bin wund mit vergiftem sper.

Desselben warhaft ich entpfindt.

DER ARTZT kombt, beschaut die wunden und spricht.

Wenn die wunden vergifftet sind,

So kan ich ihr gar heilen nit.

TRISTRANT spricht krencklich.

So ist an dich mein hertzlich bit:

Fahr hin in curnewelisch landt

Zu der königin, Isald genant!

Sag ir von mein vergiften wunden!

Bitt, das sie kumb in kurtzen stunden,

Mich heil und errett mir mein leben!

Wo nit, muß ich mein geist auffgeben;

Wann sie allein kan diese kunst,

Heilen verwunter gift inprunst.

Das sie der fart hab kein abschew,

Bedenck all meiner lieb und trew,

Die ich ir ie erzeigt, und bring

Ir zu warzeichen diesen ring!

Und fert sie mit, so hab gut fleiß,

Spann auff das schiff ein segel weiß!

Bringst du sie aber nit herwartz,

So spann auff einen segel schwartz!

Eyl und richt auß die botschaft mir!

Gar reichlich will ich lohnen dir.


Der knecht nimbt den ring, geht ab.


HERR TRISTRANT spricht.

Ich bit: schick iemand zu dem see,

Das stätigs bey dem uffer steh,

Wenn das schiff wider geh herwartz,

Das sag, ob sey weiß oder schwartz

Wider meins knechtes segel sey,

Das ich vermercken künd darbey,

Ob die köngin kumb oder nicht![182]

ISALD, SEIN GEMAHEL.

Die hut ist schon dahin gericht.

Will selb auch schauen zu dem see,

Ob deins knechts schiff wider hergeh.


Sie geht wider ab.


TRISTRANT redt wider sich selber unnd spricht.

O Isald, wißtest du mein not,

Das mir so nahet wer der todt,

Du würdst mich warhaft nit verlassen,

Sonder dich machen auff die strassen.

ISALD Tristrants gemahel, kumbt und spricht.

Mein lieber gmahel, sey guter ding!

Gute botschaft ich dir hie bring.

Dein knecht kumbt wider gfaren her.

TRISTRANT richt sich auff, spricht.

Sag mir bald! wie hat ein farb der

Segel am schiff, so fert herwartz?

ISALD, SEIN GEMAHEL spricht.

Das segel-tuch am schiff ist schwartz.

TRISTRANT lest hend und haubt fallen, spricht krencklich.

So mag ich kein heil mehr erwerben.

Ich muß deß bittern todes sterben.


Er streckt sich unnd stirbt, man tregt in auff dem sessel ab und tregt ein verdeckte todenbar ein.


ISALD, SEIN GEMAHEL spricht.

Hertzlieber gmahel, an dem ort

Hat dich getödt das einig wort.

Das ich gar unbesunnen redt,

Dich nur darmit versuchen thet,

Da ich sagt, der segel wer schwartz

An dem schiff, welches fuhr herwartz,

Wiewol der segel doch ist weiß.

Nun werden mein tegliche speiß

Seuftzen und zagen, wein und klag.

Doch mich das als nit helffen mag.


[183] Da geht ein Isald, die königin, sein bulschaft, weinent, legt sich auff die baher mit der brust unnd spricht.


O fraw, geht von der todtenbar!

Wann tausent mal mir lieber war

Herr Tristrant. Last mich in beweinen,

Wann ich nun aller trost hab keinen!

Derhalb mag ich auch nit mehr leben.

Ich muß meins lebens geist auffgeben,

Das er mit im von hinnen fahr,

Bey im bleib ewig imerdar.


Isald, die königin, sinckt todt hin.


ISALD, SEIN GEMAHEL spricht.

O, erst ist mir mein hertzlaid new,

Weil ich sich die groß lieb und trew

An dieser königklichen frawen,

Die also in hohem vertrawen

Verlest ihm königklichen standt,

Ihren gmahel und vatterlandt,

Raist meim herrn nach weit uber see,

Weil sie in weiß in todtes weh,

Zu heilen im sein wunden rot.

So sie in laider findet todt,

Mag weiter sie an in nit leben

Und hat da iren geist auffgeben.

Nun tragt sie hin in Gottes namen

Und legt sie in ein grab zusamen,

Weil sie haben den todt erlieden,

Auff das sie hie und dort mit frieden

Ewigklich bleiben ungeschieden!


Man tregt die bahr ab, und gehen alle person in ordnung nach.


DER EHRNHOLDT kumbt, beschleust.

So hat die tragedi ein endt.

Auß der wird offentlich erkendt,

Wie solche unorndliche lieb

Hat so ein starck mechtigen trieb,

Wo sie einnimbt ein junges hertz

Mit bitter angst, senenden schmertz,

Darinn sie also heftig wüt,

Verkert hertz, sin, vernunft und gmüt,[184]

Wird leichtfertig, verwegen gantz,

Schlecht seel, leib, ehr, gut in die schantz,

Acht fürbas weder sitten noch tugent,

Es treff an alter oder jugent,

Wer sich in solche lieb begeit,

Welche ist vol trübseligkeit.

Diogenes nent sie argwönig,

Lieb sey ein süß vergiftes hönig.

Petrarcha thut die lieb nit breissen,

Nent die lieb güldene füßeysen,

Ein kurtze freud und langen schmertz,

Darmit gepeinigt wird das hertz,

Vol seuftzen, wain und jamer kleglich,

Wann es befind in liebe teglich

Eyffer, senen, meiden, abscheiden,

Vil klafferey und heimlich neiden,

Auß dem folgt mancherley unglück,

Eins bringt das ander auff dem rück,

Armut, kranckheit, schandt und schaden,

An leib und seel gottes ungnaden.

Auß dem so laß dich treulich warnen,

O mensch, vor solcher liebe garnen

Und spar dien lieb biß in die eh!

Denn hab ein lieb und keine meh!

Dieselb lieb ist mit Gott und ehren,

Die welt damit fruchtbar zu mehren.

Darzu gibt Gott selb allewegen

Sein gnad, gedeyen und milten segen.

Das stäte lieb und trew aufwachs

Im ehling stand, das wünscht Hans Sachs.

Quelle:
Hans Sachs. Band 12, Tübingen 1870–1908, S. 180-185.
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