Der weis Demosthenes

[135] Im gulden ton Hans Sachsen.


26. april 1543.


1.

Künig Alexander Magnus,

schreibt Plutarchus,

het ein krieg mit Athen, der stat,

die um frid bei dem künig bat;

das wolt er nicht,

dan nur mit dem geding,

Das sie im geben in gewalt

acht burger alt,

die treflichsten, so er begert,

so würden sie des frids gewert.

nun dise pflicht

daucht sie gar leicht und ring.

Jedoch sie hielten rat ob dem

und ratfragten Demosthenem,

den berümten oratorem,[135]

ob man die acht

ins künigs macht

hinschicken solt,

auf das sie heten frid im lant?

der weis man antwort in zuhant,

durch ein gedicht

sie unterrichten wolt,


2.

Und sprach: »die wölf heten ein krieg

und manchen sieg

an den schafen, und auf ein zeit

begerten sie mit listikeit

ein steten frid

mit in auf hundert jar;

Doch das sie in ir hunde all

geben alsball,

die woltens nemen in ein straf.

zu einfeltig waren die schaf.

auf den beschid

gabens ir hunde dar;

Die wurden in den tot verwunt.

balt sie nun kamen um die hunt,

brachen die wölf den fridesbunt

und brachten um

ein große sum

schaf, groß und klein.

so würd auch Alexander ton,

wan man im geb die acht person,

dardurch dan lid

schaden die ganz gemein.«


3.

Demosthenes durch disen rat

errett die stat,

die darnach durch die acht person

Alexander mocht vor geston,

der sie zaghaft

leichtlich bezwungen het.

Also wo noch ein regiment

stet in der hent[136]

redlicher mender, treu und weis,

durch der verstant, sorg, mü und fleiß

in sterk und kraft

das reich gar lang bestet.

Dargegen so ist we dem lant,

des künig ein kint ist on verstant.

des fürsten frü eßen allsant.

hoffart und pracht

vil aufsetz macht,

ungrecht urteil;

da get zu grunt gemeiner nutz,

vergießen vil unschuldigs bluts;

bei der herschaft

ist weder glück noch heil.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 135-137.
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