7.

[177] Ausfahrt. Wenn sie ausfährt, legt sie einen stumpfen Besen in ihr Bett, damit sie nicht abgeht. Vilshofen. Sie reitet Nachts mit fliegenden Haaren, meist nackt, auf Besen, Ofen- und Mistgabeln, Strohhalmen, auf drey- oder fünffüssigen Stühlchen, auf Gaissen, wobey der Saum eines Mannshemdes als Zaum dient, auf Flederwischen – Neuenhammer – auf Krucken, die Melkgelte auf dem Kopfe – Bleystein – oder auf einem Bock, dem Teufel – Voitentan – zum Schlot hinaus.

Die Hexenfahrt heißt um Neuenhammer bedeutsam Hullfahrt = Huldafahrt, das Fahren selbst: Hullfarn. Gehört das Schimpfwort: Hullsloudar, womit die Weiber sich gegenseitig beehren, auch hieher?

Die Zeit der Ausfahrt ist eine gebotne und ungebotne. Zu jener gehört vor allem der Walbern-Abend. Der Walburgistag ist der eigentliche Hexentag. Ausserdem rechnen die höchsten Festtage des Jahres, Weihnacht, Ostern, Pfingsten hieher. An diesen Tagen müssen sie ausfahren bey Vermeidung der Entlassung aus der Hexenzunft.

Zweck der Ausfahrt ist an den gebotenen Tagen[177] die Versammlung an gewissen Orten auf den Hexenbergen, um ihrem Haupte, dem Teufel, Huldigung darzu bringen, auf Wiesen, unter dem Galgen, auf Kreuzwegen, zu Tanz und Mahl.

Die Gelegenheit, zu schaden oder fremden Nutzen sich anzueignen, bestimmt den ungebotnen Tag, der aber die Samstagnacht, d.h. die Nacht vom Freytag auf den Samstag seyn soll. Neuenhammer.

Der Berg, wo sie hinfliegen, ist allgemein der Blocksberg: als solcher gilt aber jeder Berg, wo Hexen zusammenkommen. Links und Rechts der Oberpfalz befinden sich zwey berühmte Hexenberge, der Blocksberg bey Ansbach im Westen, der für ganz Mittelfranken gilt, östlich Maria Kulm in Böhmen.

Der Zug der oberpfälzischen Sage weist aber nach Böhmen, selbst in den westlichen Theilen, wie um Hemau.

Derselben Bedeutung, wie Blocksberg, muß der Hetschaberg seyn, auf dem die Hexen sich treffen: ihn findet Niemand, als die Hexe. Er ist hoch, grünbewachsen, hinter ihm großer Wald: im Innern wohnt der Teufel mit der Hölle. Auf ihn werden auch die bösen Geister vertragen; ein solcher ist dort in einen gezeichneten Kreis gebannt: was der Wind hineinweht, ist sein: das muß er in einer Gelte sammeln; so sie voll, ist er erlöst – doch hat sie keinen Boden. Neuenhammer.

Da Hetsch gleichbedeutend mit Kröte, diese aber wieder das Hexenthier, ja die Hexe selbst ist, so er klärt sich Hetschaberg als Hexenberg.[178]

Eine halbe Stunde von Pfatter, zwischen Donau und Isar, sind drey kleine Hügel, Hexenbergerln genannt, weil da die Hexen bey Mondlicht ihre Tänze halten.

Wo die Hexen zusammenkommen, steht ein Schloß zu ihrer Aufnahme bereit, selbst der Galgen wird zum Schlosse. Neuenhammer.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 177-179.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Aus der Oberpfalz
Aus der Oberpfalz: Sitten und Sagen
Das Schönwerth-Lesebuch. Volkskundliches aus der Oberpfalz im 19. Jahrhundert
Sagen und Märchen aus der Oberpfalz
Sitten und Sagen aus der Oberpfalz: Aus dem Volksleben