9.

[180] Ihre Tänze führen sie gerne auf Wiesen, unter Bäumen, auf Kreuzwegen und Tennen aus. Da geschieht es öfter, daß sie von Einem, der unversehens des Weges kommt, gesehen und beschrien werden; dann hat das Vergnügen ein Ende; die Hexen zerstieben oder verfolgen den Lauscher.

Ein Müller bey Bleystein sah Nachts die Hexen nackt in seinem Garten tanzen; da ging er hinunter und rief ihnen zu: »Wie wäre es, wenn ich euch einen Juchhe dazu gäbe?« Die Hexen aber faßten ihn und fuhren mit ihm durch die Luft, und stellten ihn in Böhmen nieder, so daß er drey Tage heim brauchte.

Der Bauer vom Binsenstock bey Neuenhammer ging in der Walburgisnacht von der Ziegelhütte heim; da sieht er auf der Wiese, auf dem Kreuzweg, über den Tode, Hochzeiten und Kindsleichen gehen, zehn Hexen tanzen, wie sie leibten und lebten, so daß er sie alle und darunter auch seine Gevatterin erkannte; sie sangen dabey: »Allerloy Schmolz, allerloy Schmolz, wos unser Gvatteri niad.« Da schlich sich der Bauer hinten im Holze herum und schrie: »Allerloy Dreck, allerloy Dreck, wos meiner Gvatteri Dreck niad.« So hatte er sie beschrien und die Hexen bekamen in diesem Jahre Nichts. Wüthend darüber fuhren sie auf ihn her; er lief, was er konnte und that das Gelübde, dem[180] Namenspatron St. Nikolaus eine Kapelle zu bauen. Kaum war er hinter der Thüre, so prallten die Hexen an; sie hätten ihn zerrissen; er aber baute die Kapelle, die noch steht.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 180-181.
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