§. 16. Zum Schlusse.

[365] Maß zu halten ist gut. Daher eile ich zum Schlusse. Reicher Stoff liegt zwar vor mir. Doch soll für jetzt Instand seyn. So Zeit und Kraft wiederkehren, mag ein Beytrag zur Symbolik der Zeit und Natur folgen.

Meine Landsleute geben mir das Zeugniß, daß, was ich treu aus des Volkes Mund erhoben, nicht minder treu gegeben sey. Auch mehren sich die Zuschriften aus der Heimat, welche mir Unterstützung zusagen, zum Theil mit der That schon vorgeschritten sind. Ich habe damit die weitere Genugthuung, daß mein Hoffen nicht vergebens gewesen. Ich werde also meine Forschungen fortsetzen, mögen diese auch keine andere Frucht tragen als daß ich angeregt habe. Dieß soll mir Lohn seyn. Denn wer auf gleicher Bahn geht, wird erfahren haben, daß ein gewisser Muth dazu gehört, gegenüber der Beschränktheit und Verschrobenheit, in dem begonnenen Sterben auszuharren.

Als neue Lehre hat die Wissenschaft vom Volke der Wissenschaft vom Staate sich zur Seite gestellt, und schon ist ihr Samenkorn über alle deutschen Länder ausgestreut. Wer könnte zweifeln, daß die Saat aufgehen, daß gedeihlicher Sonnenschein sie zeitigen werde? Das Korn, welches ausgeworfen wurde, ist dem Boden und dem Klima gerecht. Steht die Saat endlich in Aehren, so darf man hoffen, daß die klassischen Bildungs-Monopolisten genöthiget seyn werden, dem deutschen Studium,[366] welches sie bisher als Aschenbrödel unter den Herd gestellt, den ersten Platz zu räumen und nachdem sie seit vier Jahrhunderten die Jugend zu Allem, nur nicht zu Deutschen, heranzuziehen gewußt haben, endlich zur Einsicht gelangen müssen, wie es die eigentliche Aufgabe der Volksbildung sey, nicht in griechischem und römischem Formelwesen deutschen Sinn zu ertödten, sondern den nationalen Geist an den Grössen der klassischen Welt beleben und kräftigen zu helfen. Hört doch der Engländer bey all seiner Vorliebe und Pflege des Klassischen nicht auf, Engländer zu seyn! Die Schule trägt einen grossen Theil der Schlud, daß der Deutsche nicht mehr deutsch ist.

Bald werden Eisenbahnen auch die Oberpfalz nach allen Richtungen durchschneiden und andere Anschauungen und Bedürfnisse einführen; der stillen häuslichen Ruhe der Heimat wird reges Leben folgen und einen Umschwung der Dinge bewirken, wie er selbst nach den Kreuzzügen oder der Entdeckung von Amerika oder dem Schwedenkriege noch nicht dagewesen. Ich stelle daher wiederholt an Jene meiner Landsleute, in denen der Sinn für deutsches Wesen und die Liebe zur Heimat nicht erstorben ist, und ihrer sind noch viele, die dringende Bitte, ja doch zu sammeln, in der eilften Stunde, was in der Ueberlieferung des Volkes aus alten Tagen lebt. Die Nachwelt wird ihnen Dank wissen.

Bey diesem Anlasse fühle ich mich gedrungen, die Worte eines Mannes, deß Name durch ganz Deutschland guten Klang hat, auszuheben und an diesem Orte zur Beherzigung aufzunehmen.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 365-367.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Aus der Oberpfalz
Aus der Oberpfalz: Sitten und Sagen
Das Schönwerth-Lesebuch. Volkskundliches aus der Oberpfalz im 19. Jahrhundert
Sagen und Märchen aus der Oberpfalz
Sitten und Sagen aus der Oberpfalz: Aus dem Volksleben