2.

[17] Zu Burglengenfeld war es ein Vogel, an Gestalt einem Storchen ähnlich, groß und schwarz, der sich mit der sinkenden Sonne auf die Dächer setzte und während der Nacht ohne Unterbrechung seinen Wehruf ertönen ließ: »Ui, ui ey, ey, von hundert bleiben drey!« Er trug ein weisses Kreuz auf dem Rückengefieder und kam von Schwandorf herunter, wo er gleichfalls die Pest verkündet hatte. Er hieß der Pestvogel, und von seinen Augen gingen Feuerstrahlen aus. Drauf brach eine wütende Seuche ein.

Wenn Strichvögel an Orte kommen, wo sie sonst nicht gesehen wurden, wie Dohlen, folgt ihnen die Pest nach. Diese entsteht auch, wenn es vom Himmel schwarze Würmchen regnet. Neuenhammer.

Besonders sind es die Fliegen, welche die Pest verschleppen und davon Pestfliegen heissen. Eine Pest, welche fürchterlich in der Oberpfalz hauste, wurde durch einen Handwerksgesellen eingebracht, der sie ihrer goldglänzenden Farbe halber aus der Fremde mitgenommen hatte, ohne zu wissen, daß sie auf einem Pestkranken gesessen. Ebendort.

Vor Windisch-Eschenbach hütete ein Bube, und sah an einem Feldstein ein hölzernes Pflöcklein eingetrieben.[17] Neugierig nahm er es weg und heraus kam eine Fliege und hinter ihr Rauch. Davon brach die Pest in's Land. Wieder hütete derselbe Bube in späterer Zeit zur selben Stelle, und bemerkte, wie die nämliche Fliege an dem bewußten Steine aus und einflog; schnell schlug er ein Keilchen nach und die Pest hörte auf.

Dieses Verpflocken kommt öfter vor. Als wieder einmal die Pest in Bärnau war, sah Einer, wie die Pestfliege in ein Loch des Rousbaumes kroch. Schnell trieb er ein Zweckchen hinter ihr nach, und seitdem kommt die Pest nicht mehr nach Bärnau.

Zu Roding hatte ein Pestkranker zum Zeitvertreib eine Fliege gefangen und in ein Wurmloch der hölzernen Wand verkeilt. Er ward gesund. Nach langer Zeit gedachte er, was aus der Fliege geworden seyn möchte: kaum war aber der Pflock herausgezogen, so erfaßte ihn auf's neue die Pest und zum zweytenmale kam das Sterben in den Ort.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 3, Augsburg 1857/58/59, S. 17-18.
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