4.

[198] Zwischen Waldmünchen und Ast, in einem Föhrenwalde, Föhra genannt, ist ein Weiher. In diesem sah man früher ein Fräulein in alter Tracht, das Haar[198] goldgelb und so dick, daß es den ganzen Körper bedeckte. Sie war mit Waschen beschäftiget. Wer vorbeyging, den rief sie an, ob er nicht trinken wolle. Die Leute aber zogen schweigend des Weges, ohne der Einladung zu folgen. Wollte man es aber wagen, sie auszuspotten, so ergriff sie den Frevler, und drückte ihm den Kopf so lange unter das Wasser, bis er ertrank. Vom Walde heißt sie Föhra-Lena.

Gewöhnlich meldete sie ihr Heraustreten aus dem Teiche um die zwölfte Stunde bey Tag oder Nacht durch drey heftige Schläge an einen Baum im Walde an, damit Jeder die Stelle meiden konnte.

Einer von Hiltersricht fuhr wöchentlich ein Fäßchen Bier aus Waldmünchen durch dieses Holz, und wenn er am Wasser war, rief er regelmäßig der Föhra-Lena, ihm schieben zu helfen, und sie kam auch jedesmal, ihm beyzustehen. Einmal war er aber etwas heiterer als sonst gestimmt, und so zapfte er sein Fäßchen an und ließ die Wasserfrau von dem Tranke kosten. Nach einigem Aufenthalte schoben sie weiter: die Wasserfrau aber wollte nun auch ihn trinken lassen, und zog ihn, weil sie vorne am Schubkarren ging, in den Weiher und unter das Wasser, so daß man selbst seine Leiche nicht mehr fand.

Quelle:
Franz Schönwerth: Aus der Oberpfalz. Sitten und Sagen 1–3, Band 2, Augsburg 1857/58/59, S. 198-199.
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