1169. Der Tabackshändler zu Ostendorf.

[192] Mündlich.


In dem am Leche gelegenen, zum Pfarrdorfe Westendorf gehörigen, Filialdorfe Ostendorf, befindet sich im Presbyterium der Kirche ein römisches Monument, welches den Gott Bacchus selber oder einen Verehrer des Gottes darstellen soll. Sein Haupt ist mit dichtem Epheu bekränzt, sein Mantel zurückgeschlagen, in der Linken hält er einen Thyrsusstab und in der Rechten ein Rebmesser, während zu seinen Füßen rechts drei mit vielen Reifen versehene Weinfässer aufeinander liegen. Ueber dieses Bild geht eine gar sonderbare Sage unter den Bewohnern des Dorfes. Es soll nämlich dasselbe den Stifter der Ortskirche, einen reichen Tabackshändler vorstellen, zu dessen Füßen auch die dafür gehaltenen Tabacksrollen angebracht wären. Dieser habe zwar sein ganzes Vermögen der Ortskirche vermacht, aber weil er unkeusch gelebt habe, sei er zur Strafe und gleichsam zur Kirchenbuße nur mit halb bedecktem Oberleib dargestellt worden. Die Tafel, welche seine Schandthaten erzählte, habe ein frommer Pfarrer beseitigen lassen. –

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 192.
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