1252. Vom seligen Conrad Nantwein zu Wolfratshausen.

[252] Aventin l. III., 259. l. IV., 281. 1. Mittheilung v. Martin.


Um das Jahr 1286 kam ein Pilgram mit Namen Conrad Nantwein gen Wolfratshausen, wollt' nach Rom wallfahrten gehen; da ließ ihn aber der Richter daselbst, genannt Ganthar, der ein Auge auf des Pilgers Geld geworfen, und ihm darum ein schändliches Verbrechen angesonnen hatte, in den Kerker werfen, und nach gefälltem Spruche den Feuertod erleiden.[252]

Das Gerücht von dieser ungerechten That und die Wunderzeichen, welche sich an dem Orte des erlittenen Martertodes offenbarten, zogen bald viel andächtiges Volk von nah und fern herbei, und so wurde an dieser Stelle, die eine Viertelstunde vom Markte Wolfratshausen entlegen, jene Wallfahrtskirche dem Martyrer zu Ehren erbaut, die noch heute steht und den Namen St. Nantwein führt.

Das dermalige Daisenbergerhaus zu Wolfratshausen, auf dem Vormarkte Mühlberg, wird als dasjenige bezeichnet, in welchem Nantwin eingekerkert gewesen. Als ein früherer Besitzer desselben, seines Handwerks ein Schlosser, die im Kellergewölbe noch vorhandenen Ketten, an welchen Nantwin gelegen war, wissentlich verarbeitete, soll er darob närrisch geworden sein. –

Von dem Orte, da Nantwin gerichtet worden, meldet die Sage: als ihm auf dem Gerichtsplatze der Burg Wolfratshausen das Urtel gesprochen war, sei er von den Schergen befragt worden, wo er seinen Geist aufgeben wolle; da habe er den Knopf seines Pilgerstabs zur Hälfte abgeschraubt, und gesagt, wo der beim Hinwegschleudern niederfalle, dort wolle er gerichtet sein; darauf habe er den Knopf des Stabes mit Macht hinausgeschleudert, wo dieser niedergefallen, sei er verbrannt worden.

Noch werden als Reliquien Nantwins Hirnschale und sein hölzernes Pilgramsfläschchen, beides in Silber gefaßt, aufbewahrt; aus letzterem wurde zu gewissen Zeiten den Wallfahrern und an Nantwini Kirchweih dem Volke Wein vom Priester gereicht; der Brauch hat sich bis in die neuere Zeit erhalten, ist aber nachmals, wahrscheinlich nur aus dem Grunde abgestellt worden, weil dem »Pilgramsflaschl« die Eigenschaft von Sankt Ottmars Fläschlein, nie leer zu werden, abgegangen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 252-253.
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