1259. Das Haberfeldtreiben.

[258] Mündlich. Bair. Zeitungen, als B. Volksfreund 1826 Nro. 136. B. Landbote 1834 S. 1185. Augsb. Allgem. Zeit. 1834. S. 1551, in Schmeller's Wörtb. II., 137 u. IV., 27.


Die Unsitte des Haberfeldtreibens ist neuerdings wieder genugsam durch die Zeitungen bekannt geworden. Es soll dieses Brauches hier nur gedacht werden, weil sich ihm doch eine Sage angehängt hat.

Es war vormals an vielen Orten in Bayern üblich, daß ein Mädchen, welches zum Fall kam, Abends von den Burschen des Dorfes unter Geiselhieben in ein Haberfeld und zurückgetrieben wurde. Der Verführer mußte selbst mitmachen. Dieser Brauch hat später eine erweiterte Anwendung auf alle Personen gefunden, welche sich irgend ein in den Augen des Volkes besonders schandbares, aber von den gewöhnlichen Gesetzen nicht erreichbares Vergehen zu Schulden kommen ließen. Ein Schwarm vermummter oder geschwärzter Bursche zieht unter dem »Haberfeldmeister« um Mitternacht vor das Haus des Schuldigen, welcher nach ungeheurem Schreien, Pfeifen, Johlen herauscitirt wird, und das Ablesen einer Spott- und Strafrede anhören muß. Beschädigung von Personen und Sachen hat sonst in der Regel nicht stattgefunden. Ist nun das Urtheil gehalten, so zerstiebt die schwarze Rotte schnell nach allen Enden hin. Sie fahren wieder heim, sagen die Leute, zu ihrem Herrn, dem Kaiser Karl im Untersberg.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 258.
Lizenz:
Kategorien: