1268. Teufelszug.

[267] Mündlich.


Ein Holzschnitzer hat viel Heiligen- und Herrgottsbilder geschnitten, sauber gemalt, und ausgefaßt mit Gold und Silber, war aber bei seinem heiligen Handwerk doch selber ein gar unheiliger, liederlicher und ungläubiger Bursch. Einmal weckt ihn Nachts eine sonderbare Musik vom Schlaf' auf. Es war eine Art Leichensang, von verstimmten und zerbrochenen Trompeten und Posaunen begleitet. Holla! denkt sich der Bildschnitzer, was fällt den Pfaffen wieder ein, daß sie des Nachts die alte Schneiderliesl begraben; wär' morgen auch noch Zeit gewesen, die Hex' einzuscharren. In diesen Gedanken macht er das Fenster auf, da zieht dicht am Hause vorbei eine Schaar Teufelsgesindel mit langen Rüsseln, Kuhschwänzen und feurigen Zungen. Ein Sarg wird mitgetragen.[267] Der Bildschnitzer fällt rücklings in Ohnmacht, ist von selbiger Stund' an wahnsinnig geworden und auch geblieben. Er selber hat die Geschichte so und nicht anders dem Arzte, der ihn behandelte, immer wieder auf's Neue erzählt.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 267-268.
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