1298. Waldmännlein und Waldweiblein.

[289] Mündlich.


Noch herrscht in manchen Gegenden, besonders im Fichtelgebirg, bei den Holzhauern die Sitte, während des Fällens einer Föhre mit sechs Hieben der Axt drei Kreuze auf den Abschnitt des Stockes zu machen. Die Ursache dessen ist folgende. Jeder Stock, welcher im Augenblicke des Fällens seines Stammes mit den drei Kreuzlein bezeichnet wird, ist dadurch gefeit. Wenn nun das wilde Heer kommt, flüchten sich die Waldmännlein und Waldweiblein, sowie auch die Seelen erschlagener oder verunglückter Leute, die im Walde irren müssen, auf diese Plätze, wo sie dann vor jeder Beschwerde und Nachstellung der bösen Geister gesichert sind. Waldmännlein und Waldweiblein vergelten den Holzhackern den kleinen Liebesdienst damit, daß sie dieselben zur Nachtszeit ohne Irrgang aus dem Forste geleiten, auch manchmal abgeworfene Hirsch- und Rehgeweihe finden lassen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 289.
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