199. Der Haß im Grabe.

[199] Von Franz Schmidt.


Man sagt, der Tod versühne

Der Herzen alten Groll,

Doch sucht man über Gräbern

Auch noch der Rache Zoll.

Einst wollte man versenken

Des Herrn von Reinstein Sarg

Nächst einem Domherrngrabe,

Das einen Steiner barg.

Da hat von Stein Herr Endres

In altem Haß gemeint,

Sein Bruder könne schlafen

Nicht bei des Hauses Feind.

Man hat gelegt Herrn Heinrich

An einen fernen Ort,


Als ob auch über'm Grabe

Der Zwist noch wuchre fort.

Eiring von Reinstein pflanzte

So gift'gen Haders Kraut,

Dem Edle elf vom Steine

Sich blindlings anvertraut.

Mit sanftem Hirtenstabe

Stieg er zum Altenstein,

Um den entzweiten Brüdern

Ein Friedenshort zu sein.

Er hat sie wohl vereinet,

Denn er erschlug sie all:

Ein Grab im Kloster Langheim

Zeugt von der Brüder Fall.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 199.
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