677. Die Todtenmesse in der Marienkapelle zu Würzburg.

[223] Mündlich. (W.M.v.d. Vor.)


Es is a mol in der Kapelle auf'n Mark dort a alter Mann gekniet, und der is vor lauter Midikeit eing'schlafa. Auf e mol wie er wieder aus der Kerch raus geha will, is die Thier scho zug'schlossa. Er schreit und klopft an die Thier, aber ke Mensch hat en rufa g'hert, weil die Kerchathier gar ze dick is. So is es denn Nacht worn und der Mann hat si in en Stul nei g'setzt und hat g'schlafa. Nachts um a Zwelfa is er auf emol aufgewacht, und doa hat's rausg'schellt. Doa is a geistlier Herr rauskumma und is zu'n hohe Altar mit seine Ministrante higanga, und hat a Amt g'halta. Und die ganza Kerch war ganz hell, und alle Stiel sen voller Leit gekniet, und auf der Orgel hat's so toll gelaut, wie's der Mann sei Letti (sein Lebtag) no nit g'hert hat, und ke enzig's[223] G'sicht hat er gekennt. Alle ham sie aber ausg'seha, als wenn se in Grab gelega wern. Doa schlegt's Ens (Eins), und auf emol war Alles mit enanner verschwunda und in der Kerch war's wieder stockfinster. Doa hat si der Mann so arg g'fercht, daß er an alle Glieder gezittert hat. Frua is er bei'n Ave Maria Leita endli rausgelassa worn, is hem ganga, hat si gelegt, hat gebeicht und nach acht Tag is er g'storba. Des warn lauter Geister, die in der Kapelle umgeha.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 223-224.
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