La Cava

[213] Mit ihren Herden kehren heim die Hirten,

Indessen langsam sich die Sonne senkt

Und Wald und Flur und das Gebüsch der Myrten

Mit ihrem Strahlenregen tränkt.


Schon liegt der Schatten auf den Rebgeländen

Und in den Schluchten, wo der Bergstrom rollt;

Die schlanken Pinien an den Felsenwänden

Nur schimmern noch im Sonnengold.


Auf Berg und Thal, welch märchenhaftes Schweigen!

Kaum daß der Abendwind die Schwinge regt

Und aus den Mandel-, den Granatenzweigen

Die heißen Düfte weiter trägt.


Und dennoch durch die allgeheime Stille

Schleicht, kaum vernehmbar, ein gedämpftes Ach!

Und schluchzt durch Schmelz und Duft und Blütenfülle

Hernieder mit dem Silberbach.


Und laut und lauter klagt es, wie im Westen

Des Lichtes letzter matter Schein verfliegt

Und sanft der Nachtwind in den Lorbeerästen

Die Nachtigall in Schlummer wiegt.


O große Mutter, das ist deine Trauer!

Weg scherzt des Tages bunter Glanz sie nur;

Nachts aber weinst in dichter Haine Schauer

Du deine Schmerzen aus, Natur!

Quelle:
Adolf Friedrich von Schack: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 2, Stuttgart 31897, S. 213-214.
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