2.

[111] Ein Kapuziner aus Hildesheim kam nach der Eisenhütte bei Dassel und bat den dortigen Bergmeister, er möchte ihm doch von seinen Leuten zwölf starke Männer mitgeben, jeder von diesen solle zwei Louisdor dafür von ihm haben. Der Bergmeister war dazu bereit, wenn jener das Geld vorher hinterlegen wolle. Das Geld wurde nun dem Bergmeister übergeben, und der Kapuziner bekam die zwölf Leute. Mit diesen ging er in der Nacht nach der Abbeke, einem Dorfe im Amte Erichsburg, wo er sie erst bewirthen ließ und dann sich mit ihnen nach der Grasbornschen Kirche begab. Hier angekommen, stellte er die zwölf Männer um sich herum in einen Kreis und sagte ihnen, sie sollten sich nur nicht fürchten, möchte auch kommen was da wolle. Dann citirte er den Geist (Teufel), der den Schatz bewachte. Alsbald kam dieser auch in Gestalt eines wilden Ebers und tobte fürchterlich, so daß die Männer alle sehr erschraken. Der Pater aber schlug mit einer Drahtpeitsche auf den Eber und sprach zu ihm, ob er ihm befohlen habe so zu kommen, er solle in menschlicher Gestalt erscheinen. Darauf verschwand der Eber und statt seiner erschien ein Mann in einem grünen Jägerkleide. Diesen fragte nun der Pater, ob er da einen Schatz habe. Der grüne antwortete »ja«. Dann fragte der Pater weiter, was für ein Opfer er für den Schatz verlange; jener antwortete: »einen achtjährigen Knaben und einen schwarzen Ziegenbock ohne ein einziges weißes Haar«. Da fing der Pater an gewaltig zu schelten und sprach: »wer wird dir einen unschuldigen Knaben opfern?« muste aber zuletzt mit seinen Leuten wieder abziehen, ohne den Schatz gehoben zu haben. Die vierundzwanzig Louisdor wurden aber den Leuten richtig ausgezahlt.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 111.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.