1.

[67] Ein Bauer wollte am stillen Freitage in den Wald fahren und ein Fuder Heisterholz daher holen, weil er darauf rechnete, daß an diesem Tage der Förster nicht im Walde sein würde. Er befahl also seinem Knechte den Wagen anzuspannen. Dieser wollte Anfangs nicht mit und meinte, es wäre doch ein hoher Festtag, wo man im Walde kein Holz fällen dürfe, aber am Ende muste er sich doch dazu verstehn. Im Walde hauten sie Heister ab, und als sie ein Fuder aufgeladen hatten, muste der Knecht damit wegfahren. Der Bauer selbst blieb noch, setzte sich auf einen Baumstumpf (stûken), stopfte sich eine Pfeife und steckte sie sich an; als er aber wieder aufstehn wollte, saß er darauf fest und muste so sitzen bleiben. Der Knecht war unterdessen mit[67] dem Fuder nach Hause gekommen und hatte es abgeladen; als aber sein Herr gar nicht zurückkehrte, ging er wieder hin nach dem Walde und fand ihn hier noch auf demselben Baumstumpfe sitzend, wo er ihn verlassen hatte. Da er nun den Bauern auf keine andere Weise losmachen konnte, so nahm er seine Axt und hieb den Baumstumpf ab, wobei fortwährend das Blut aus dem Holze floß. Der Bauer wurde auf diese Weise wieder befreit und konnte mit ihm nach Hause gehn. Später wurde aber der Bauer an den Himmel versetzt und muß dort als Fuhrmann ewig den Wagen fahren. Sein Wagen ist der Siebenstern (sëben stëren); vier der Sterne bezeichnen die vier Räder, die drei andern sind die drei vorgespannten Pferde.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 67-68.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.