Christ, ein Gärtner

[235] Nach einem alten Bilde.


1814.


Ein Gärtner geht im Garten,

Wo tausend Blumen blühn,

Und alle treu zu warten,

Ist einzig sein Bemühn.


Der gönnt er sanften Regen,

Und jener Sonnenschein:

Das nenn' ich treues Pflegen,

Da müssen sie gedeihn.


In liebenden Gedanken

Sieht man sie fröhlich blühn,

Sie möchten mit den Ranken

Den Gärtner all umziehn.


Und wann ihr Tag gekommen,

Legt er sie an sein Herz,

Und zu den Sel'gen, Frommen

Trägt er sie himmelwärts;


Zu seinem Paradiese,

Zu seiner schönen Welt,

Die nimmermehr, wie diese,

In Staub und Asche fällt.


Hier muß das Herz verglühen,

Das Weizenkorn verdirbt;

Dort oben gilt ein Blühen,

Das nimmermehr erstirbt.
[235]

Du Gärtner, treu und milde,

O laß uns fromm und fein

Zum himmlischen Gefilde,

Zum ew'gen Lenz gedeihn!


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 235-236.
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