Die Schülerin Maria

[237] Nach einem alten Bilde.


Ach, das ist ein süßes Bild!

Wie es meine Seele füllt!

Mächtig will mich's an sich ziehen,

Lieber stets, je mehr ich's schau'.

Gerne möcht' ich vor der Frau,

Bei dem holden Mägdlein knieen.


Nach dem Buche unverwandt,

Nach der theuern Mutter Hand

Schaut sie, welche zeigt die Zeilen.

Gotteswort muß das wol sein,

Was ein Kindlein so erfreun

Und es zwingen kann zu weilen.


Engel schauen froh hinein,

Möchten gerne Zeugen sein

Aus bescheidner heil'ger Ferne;

Durch das Fenster, durch die Thür

Schauen Engel stets nach ihr,

Wie nach einem schönen Sterne.


Sagt, wer ist die Schülerin?

Ist es nicht die Königin

Aller Heiligen und Frommen?

O Maria reich und mild

Laß, o Schülerin, dies Bild

Nie aus meiner Seele kommen!


Die den Herrn gebären soll,

Knieet still und andachtsvoll,

Scheint nur eines zu betrachten. –

Jedes Wort und jedes Ding

Sei auch mir ein Himmelswink,

Fleißig auf mein Heil zu achten.

Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 237-238.
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