[209] Ihr Lieben, helft mir klagen
Um unsres Reiches Zier!
Vom argen Tod erschlagen
Liegt unsre Herrin hier.
O Mailand voll Cypressen,
Du trübe Maienzeit,
Verona – nie vergessen
Wird solches Weh und Leid.
Ihr hattet sie gesendet,
Nun habt ihr sie geraubt,
Das Kleinod uns entwendet,
Den schönen Baum entlaubt.
Du hoher Stamm von Este,
Wie traurig stehst du nun,
Und senkest deine Aeste,
Wie Thränenweiden thun.
Du schienest jüngst zu prangen
In deiner höchsten Zier,
Es blickte voll Verlangen
Der Kaiser Franz nach dir,
Wie nach den Lorbeerzweigen
Dein Tasso kühn geschaut:
Wir sahen fromm sich neigen
Die kaiserliche Braut.
Italia magst du meinen,
O Land, so lusterfüllt,
Es käm' aus deinen Hainen
Das gnadenreiche Bild?
Wir haben sie erzogen
So fromm, so stark und weich,
Wir an der Donau Wogen,
Wir in dem deutschen Reich.
[210]
Die deutschen Klänge drangen
Allmächtig an ihr Herz,
Die deutschen Lieder sangen
Ihr eigen Lust und Schmerz.
Da kam sie, zu verklären
Das Marterthum der Zeit,
Und ew'gen Kranz der Ehren
Wand ihr das bittre Leid.
O Lied, du sollst nicht melden
Entschwundner Leiden Zahl,
Den ew'gen Schmerz der Helden,
Der Fraun und Jungfraun Qual.
Ihr Böheims Wunderquellen,
Du gottgeweihte Flut,
Saht ihre Thränen schwellen,
Ihr saht auch ihren Muth.
Ein leuchtend Himmelszeichen,
So schwebte sie uns vor,
Hob aus des Staubes Reichen
Ihr nach uns all' empor.
Der Sünder floh verlegen
Vor ihrem reinen Blick,
Und wich von ihren Wegen
Mit Scham und Grimm zurück.
Und sollen wir dich missen,
Du glänzendes Panier?
Bist ewig uns entrissen,
Der Frauen Stolz und Zier?
Wer soll die Kämpfer leiten?
Sind Frauen doch ihr Stern!
Wer wandelt nun zur Seiten
Dem höchsten deutschen Herrn?
Du wirst uns nicht versäumen,
O treues Mutterherz!
Dort unter Lebensbäumen
Stirbt jeder ird'sche Schmerz.[211]
Die Lust am kühnen Werke
Folgt dir ins ew'ge Haus,
Nun schütte Lieb' und Stärke
Auf deine Völker aus.
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Gedichte
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