Zwölfter Auftritt


[809] Vorige ohne Johanna.


ISABEAU nach einer langen Pause.

Was war das? Träumte mir? Wo kam sie hin?

Wie brach sie diese zentnerschweren Bande?

Nicht glauben würd ichs einer ganzen Welt,

Hätt ichs nicht selbst gesehn mit meinen Augen.

SOLDAT auf der Warte.

Wie? Hat sie Flügel? Hat der Sturmwind sie

Hinabgeführt?

ISABEAU.

Sprich, ist sie unten?

SOLDAT.

Mitten

Im Kampfe schreitet sie – Ihr Lauf ist schneller

Als mein Gesicht – Jetzt ist sie hier – jetzt dort –

Ich sehe sie zugleich an vielen Orten!

– Sie teilt die Haufen – Alles weicht vor ihr,

Die Franken stehn, sie stellen sich aufs neu!

– – Weh mir! Was seh ich! Unsre Völker werfen

Die Waffen von sich, unsre Fahnen sinken –

ISABEAU.

Was? Will sie uns den sichern Sieg entreißen?

SOLDAT.

Grad auf den König dringt sie an – Sie hat ihn

Erreicht – Sie reißt ihn mächtig aus dem Kampf.

– Lord Fastolf stürzt – Der Feldherr ist gefangen.

ISABEAU.

Ich will nicht weiter hören. Komm herab.

SOLDAT.

Flieht, Königin! Ihr werdet überfallen.

Gewaffnet Volk dringt an den Turm heran.


Er steigt herunter.


ISABEAU das Schwert ziehend.

So fechtet, Memmen![809]


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 809-810.
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