Fülle der Liebe

[368] Ein sehnend Streben

Teilt mir das Herz,

Bis alles Leben

Sich löst in Schmerz.


In Leid erwachte

Der junge Sinn,

Und Liebe brachte

Zum Ziel mich hin.


Ihr edle Flammen

Wecktet mich auf;

Es ging mitsammen

Zu Gott der Lauf.


Ein Feuer war es,

Das alles treibt;

Ein starkes, klares,

Was ewig bleibt.


Was wir anstrebten,

War treu gemeint;

Was wir durchlebten

Bleibt tief vereint.


Da trat ein Scheiden

Mir in die Brust;

Das tiefe Leiden

Der Liebeslust.


Im Seelengrunde

Wohnt mir Ein Bild;

Die Todeswunde

Ward nie gestillt.


Viel tausend Tränen

Flossen hinab;

Ein ewig Sehnen

Zu ihr ins Grab.


In Liebeswogen

Wallet der Geist,

Bis fortgezogen

Die Brust zerreißt.[369]


Ein Stern erschien mir

Vom Paradies;

Und dahin fliehn wir

Vereint gewiß.


Hier noch befeuchtet

Der Blick sich lind,

Wenn mich umleuchtet

Dies Himmelskind.


Ein Zauber waltet

Jetzt über mich,

Und der gestaltet

Dies all nach sich.


Als ob uns vermähle

Geistesgewalt,

Wo Seele in Seele

Hinüberwallt.


Ob auch zerspalten

Mir ist das Herz;

Selig doch halten

Will ich den Schmerz.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 368-370.
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