Die Fröhliche

Die Erde grünt, die Sonne lacht, und klingender

Ertönt der Vöglein Stimme laut, die flüssige.

Ach kläng' die meine schöner nur und singender,

Dann sollte froh erwidern jeder Müßige,

Die Lieder tanzen wilder stets und springender!

Wir locken Bäume wohl und auch Vierfüßige,

Wenn Fantasie sich selbst nicht kann regieren,

Und freie Verse muß improvisieren.


Schon hör' ich Dichter singen voll Gelahrheiten,

Uns warnend, daß der Jugend Rose flüchtig;

Wie lust'ge Götter oben in den Klarheiten

Die Element' auch lieben also tüchtig.

Sie sagen, Liebe lehr' uns ew'ge Wahrheiten;

Das glauben sie im Ernst und reden wichtig,

Wie Pflanzen, Tiere, ja die Stein' nicht minder,

Sich lieben all' und alle kriegen Kinder.


Die klügsten Frauen scherzen mit der Liebe;

Selbst Mädchen fürchten, sonst noch unerfahren,

Die Langeweile dieser ew'gen Triebe.

Wo wir bei kühnem Spott oft fröhlich waren,

Den schönen Kreis, der sonst nicht schön mehr bliebe,

Laßt heilig uns vor jedem Ernst bewahren.

Was wär's auch, wenn die Lust, die uns versammelte,

Gleich jeden wieder in sich selbst verrammelte?


Man frage nicht, ob's Frauen oder Männer;

Man frage redlich nur, wer ist wohl witziger?

Ein Scherz hat hier vereint des Scherzes Kenner,

Gesell'ger Streit macht jede Schärfe spitziger;

Drum laßt vom Zügel frei der Laune Renner.

Die schöne Lust sei toller stets und hitziger;

Das Mädchen soll nicht denken an das Weibliche,

Der Mann dafür vergessen alles Leibliche.


Entflammen mög' euch Poesie, die gütige,

Sie sei euch Wein, und Freiheit unsre Liebe.

So trotzen dem Geschick wir Übermütige,

Und spotten seiner ungeschickten Hiebe.

Die Scherz nicht kennen, ängsten sich wie Wütige,

Und bleiben dumm, wie sehr man sie auch riebe;

Wir aber wollen hoch in Lüften schweben,

Zur Lust von neuem uns durch Lust erheben.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 193-195.
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