Zweiter

[201] Wie Morgensonne dunkelm Fels enthoben,

Im Strahlentau erfrischt die braunen Saaten,

So glüh'n auf schwarz umlocktem Haupt Granaten,

Zu feuerschönem Liebeskranz gewoben.


Es muß solch heilig Rot der Seher loben,

Der, was die Farbe glänzt, in Lieb' erraten;

Auf schwarzem Grunde flammende Granaten,

In Trauernacht das Morgenrot von oben.


Dir leuchten dunkel ernst die hohen Augen

Vom Schmerz, der dich ergriff im Heiligtume,

Sich laut ergießt in heiße Klagetöne.


Wie immer reiner brennt die zarte Blume,

Je tiefer den harmon'schen Glanz wir saugen,

So glühe, liebe, traur' in dunkler Schöne.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 201-202.
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