[22] PELARGUS der Vater.
Das gmain volck nit vergebens spricht
Ein spruch von rechter witz erdicht
Die arbait bey dem jungen kindt
Nit anders dann halb glassen sindt
Gegn dieser arbait angst vnd not
So aim vater zu hertzen gat
Wenn sy zum tail erwachsen sindt
Welchs ich auch erst jetzund empfindt
Von klainen kindern klainer krot
Je grösser kinder je grösser not
Wie selig lebt der mensch auff erdn
Der kinder hat die jm gantz gern
Seint vnterthon vnd folgen fein
Wie sälig eltern das mügen sein
In mein sinn het ich zogen schon
Mit gantzem fleiß mein jüngsten son
Der sich zu kainer vnzucht flickt
Sich gantz nach meinem willen schickt
Empfindt aber nun das nit ist
Er hat in jm vil hinderlist
Dann so ich auff die nochfart kumb
Hat sich mein son gantz kheret vmb[22]
Der lecker ist nur zmennisch worn
Vnd gibt nichts mer vmb meinen zorn
Ach Got der grossen angst vnd not
Besser wer mir der bitter todt
Dann das ich sol ain solchs erlebn
Vnd jm jetzund sein erbtail gebn
Er wirt verthon als gut vnd gelt
Fürwar er ist noch zschlecht in dwelt
Drumb zimlich armut besser ist
Dann vberfluß zu aller frist
Das ist an allen menschen schein
Niembt pleibt wo jm mag wol sein
Derhalb der recht gesprochen het
Die gaiß die stampft so sy wol stet
Dergleichen auch mein son jetz thut
Weil er wol steckt stoltzt jm sein mut
Ach Gott er waiss nit was dwelt kan
Sol ich jn dan hin ziehen lan
Vnd jetzund seinen erbtail gebn
Vielleich kumpt er vmb leib vnd lebn
Wil mich bedenckn radt drin fragn
Hörn was darzu wöl Eubulus sagn.
EUBULUS sein Nachpauer.
Wie kumpts auff erdt das mancher man
Seins nachpern nit vergessen kan
Also ich auch muß peinigt sein
Für Pelargum den nachpern mein
PELARGUS.
Wen hör ich do zu diser frist
Gwißlich Eubulum als mir ist
Ho biß gotwilkum Eubule
Vnd hör mein klag wie es mir geh
EUBULUS.
Nun danck dir Got zu diser stundt
Was ist dein trauern das thu mir kundt
PELARGUS.
Vil sorg vnd angst den schlaff mir bricht
Wo auß wo ein waiß ich schier nicht
Hast nichts gehört von meinem son
EUBULUS.
Ich waiß zwar nichts was hat er thon
PELARGUS.
Mein son enpfrembt sich auß dem hauß
EUBULUS.
Das sol nit sein potz hinckende mauß
PELARGUS.
Es ist war leider sag ich dir
Ein solches grosses laidt kumbt mir
Von meinem jüngsten son fürwar
Das jn sein muter je gepar
Muß Got von himel claget sein
Radt mir drein liebste nachpar mein
EUBULUS.
Gnugsam mich nit verwundern kan
Das er sich solcher tück nimbt an
Vielleicht hast zhert gehalten jn
Das er jm solchs nimbt in den sin
Dann offt vnd dick hab ichs gehört
Das strenge straff jung leüt betört
PELARGUS.
Ach nain solchs ist doch nie geschehen
Das mag ich wol mit warhait jehen
Gantz zart ich jn erzogen hab
Wardt mir ain sonder lieber knab
Hab gar zuvil auff jn gebaut
Het ich jn gstrichen baß in dhaut
Von wem solchs kumpt das waiß ich nit
Philautus jm den rath leicht gibt
Das er zu mir freuenlich gieng
Hör zu wie er sein redt anfieng
Du sichst was alters ich nun han
Drumb vater ich nimer pleiben kan
Vnter deiner ruth zucht vnd pfleg
Mein gmut raitzt mich ain andern weg
Ich hab das recht vnd gut verstandt
Wil jetzund in ain ander landt
Wer nie auss kam der kam nie haim
Wil etwas versuchen in der ghaim
Ich darff hinfür kains maisters meer
Noch jemandt der mich etwas leer
Ich bin für mich selbs witzig gnug
Darumb mein vater eben lug
Was mir gebürt zu samen richt
Du wöllest dann beim rechten nicht
Mich pleiben lan wie das inhalt
Wenn ainer souil jar sey alt
So müg er werden loß vnd frey
Aus vatters gwalt geb wer er sey[23]
Vnd mir das als am minsten gfiel
Kain augentropff jm nie empfiel
EUBULUS.
Das ist mein freündt vbermuts gnug
Fürwar er hats vor Got kain fug
Ja wo kain scham do ist kain ehr
PELARGUS.
Ob solcher redt erschrack ich seer
Pald ich ermant do hub ich an
Was hab ich dir doch laidts gethan
Hastu verdruss an guter zeit
Das dir das futer zu nahen leit
Solchs het ich nit verhofft zu dir
Dein tail trutzlich solst fordern an mir
Schau nur ich sag dir auff mein treu
Nach schnellem rath kumpt gern reu
Ist mir recht so schmeck in pratn
Philautus hat dir solchs geratn
Der wirt dich pringen in angst vnd wee
Das du kain hilff hast nindert meer
Drumb wiltu bhalten son dein hail
Streck dich nit an das pubn sail
Fleüch pöse gselschafft ist mein rath
Wie manchen bringt sy in den todt
Pleib bey mir hertzen liebster son
Wie magst mir solches läidt auff thon.
EUBULUS.
Sag an was er zu antwort gab
Ließ er sich dann nit wenden ab
PELARGUS.
Mit nichten nit das sag ich dir
Sonder das recht schlug er mir für
Mit andern freueln worten meer
Ließ er sich mercken thet mir wee
Drumb rath mein lieber nachper zu
Das er pleib bey mir in der ruh
EUBULUS.
Ich radt so du wilst folgen mir
Seitmals er strebt so gar von dir
Laß jn hinauß nur faren frey
Gedenck das sprichwort warr sey
Dem pauern stoltzt der pauch vnd mut
So man jn seer halten thut
Lass jn nur ziehen ins ellendt
Nachmals so er sich selbst erkhent
Wirt er zu reusen fahen an
Gedencken was er hab gethan
PELARGUS.
Was wie mainst betrachts gar ebn
Solt ich jm seinen erbtail gebn
Vnd nit nemen vnter die rut
Wie dann ain vater billig thut
EUBULUS.
Nachper es ist nit alweg gut
Das ainer folgt seim sinn vnd mut
Darumb so laß jn faren hin
Was wilstu lang zancken mit jm
PELARGUS.
Ich wil dir folgen vnd wils thon
EUBULUS.
Hörst noch ains ich dich auch verman
Straff jn freünndtlich halt maß mit vleiß
Gantz vätterlich jm vnterweiß
Leer jn was jm mug helffen wol
Sag warfür er sich hüten sol
PELARGUS.
Wie seint die menschen so vngleich
Einer ist arm der ander reich
Der drit zu weißhait ist geborn
Der viert gehalten für ein thorn
Eubulus mit seiner weißhait mich
Beret hat das jetzund wil ich
Geben sein erbtail meinem son
Weil ichs nit vnterkomen kan
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