Scena prima

[33] PELARGUS.

Mein hertz zaigt mir gantz gwislich an

Ich werd pald grosser kumernus han

EUBULUS.

Was ist doch das dich aber plagt

Vnd dir also dein hertz abnagt

PELARGUS.

Ich kumer mich ser mein Eubule

EUBULUS.

Was hilffts das du hast angst und we

Dann das du zwen schmertz machst auß aim

Wils Gott so kumbt er wider haim

PELARGUS.

Du sagst mir wol ja wenn ich sein

Vergessen kunt im hertzen mein

So schwer traumbt mir in dieser nacht

Das ich vor grossem laidt erwacht

Tag vnd nacht thut es mich nagn

EUBULUS.

Ach mein solt drumb nit gar verzagn

Ich wil gen ob ich hören khunt

Wo man von jm ein potschafft fundt

Wil dirs hinfür zu wissen than

PELARGUS.

Mein nachper forsch kheer fleiß an

ACOLASTUS.

Jetzt schaut mich an reich vnd arm

Ist jemant dem ich nit erbarm

Der hat fürwar ein staines hertz

Den nit bekümert diser schmertz

Ist das der ersten gastung gleich

Weil ich gelt het vnd wurd noch reich

Gab man mir gnug het groß vertrauen

Jetzt muß ich essen mit den sauen

Vor hunger ich sunst sterben müst

Ich main ich hab mein schlemmen püst

EUBULUS.

Es ist mir lengst gelegen im sin

Des ich jetz jnnen worden bin

Vom Acolast meins nachpern sun

Der muß von hauß zhauß pettln nun

Hat sein erbtail verprasset gar

Würß sein vater jnnen fürwar

Er kumert sich warlich zu todt

Wil jn gen trösten in der not

ACOLASTUS.

Ach Gott ach got ach jmmer meer

Wie ist mir doch so ängstlich wee

Mein sünd die ich begangen han

Die wöllen mir kain rue nit lan

Bringen mir so großen schmertz

Mir ist ich trüg an meinem hertz

Ein centner pley ist mir so schwer

Ey das ich nit geboren wer

Philautus hat allain die schuldt

Das ich meins lieben vatern huldt

Verhüt vnd gantz verloren hab

Mit vnlieb von jm gschiden ab

O wer ich in meins vaters hauß

Sein diener leben in dem sauß

Ich aber hab kein pissen prot

Vor hunger muß ich ligen todt[33]

Solt ich also in armut sten

Wil wider zu meim vatern gen

Vnd meine sündt vor jm bekennen

Bitten wol mich mit gnad auffnemen

Wer waiß villeicht er das pest thet

Wenn ich jn wainend also pät

Ich hab gesündt beken ich mich

In himel vater vnd wider dich

Bin nit mer wert das ich mich nenn

Dein son dasselb ich frey beken

Vater von hertzen bit ich dich

Mein vater thu das pest mach mich

Züm wengsten knecht in deinem hauß

Ich hoff er jag mich nit herauß

PELARGUS.

Was denckst vnd hast in deinen sinnen

Ob ich mein son wer wider finden

EUBULUS.

Ich hoff es gschech auff disen tag

Darumb so hör was ich dir sag

Wenn er wider kumbt zu hauß

So hetz in nit mit hunden auß

Gedenck das Gott verzeicht die sündt

Wie wir dem nechsten vergeben sindt

PELARGUS.

Khäm er gert gnad volgt meiner leer

Wolt jms gedencken nimer meer

Wie kumpts doch das mir tobt mein gmüt

EUBULUS.

Fürwar es rint zusam das plüt

Schau dort schau zeücht dein son daher

PELARGUS.

Ach lieber Gott das ers nur wer

ACOLASTUS.

Was thu ich nur wo denck ich hin

Dieweil ich also nackend bin

Solt ich zum vater sölcher haidt

Nein / würdt jm machen großes laidt

Doch wil ich gen ich syh jn schon

Möcht mich zu gnaden nemen an


Widerumb spricht er zu seinem vater knient.


Hertz liebster vater ich bitte dich

Das du wöllest begnaden mich

Hab schentlich glebt in meinem lebn

Ach vater ich bit wolst mirs vergebn

Bekenn das ich gesündt vor dir

Vnd im himel verzeich du mir

Bekenn mich auch gantz unwirdig

Das dein son werdt gehaissen ich

Dann ich dasselb hab wol verschuldt

O vater ich ger nur deiner huldt

Vmb gottes willn versag mirs nit

Hertz liebster vater erhör mein bit

Vnd nim mich auff an deinen hoff

Wil halten deiner sau vnd schoff

Al deiner knecht ein diener sein

Mein vater gib deinen willen drein

PELARGUS.

O sun sun hertzen liebster sun

Es sey dir als verzigen nun

Wil füran nunmer dencken dran

ACOLASTUS.

Ach alles was ich hab gethan

Das ist mir laidt vnd reüet mich

Vergib mein vater des bit ich dich

PELARGUS.

Ste auff heb an ein neues lebn

Das alt hab ich dir als vergebn

Bringt mit pald her das feyrtag gwandt

Domit beclaidet jn zu'handt

Darzu ein gulden finger ring

Des gleichen schuch vnd ander ding

Legent in an das ist der sun

Der von dem todt kumpt wider nun

Er was verlorn vnd verdorbn

Jetzt wider keert gnad erworbn

ACOLASTUS.

Wie sol ich vater gnugsamlich

Vmb dise gutthat loben dich

PELARGUS.

Mein son schweig nur biß guter ding

Das faiste kalb knecht hieher bring

Berait zu einer malzeit bhendt

Domit wir alle frölich sent

Nun hebt an singt jr singer mein

Ich kan heüt nichts dann frölich sein

EUNOMIUS der ander Son.

Mein Gott behüt was muß das deuttn

Das mein vater mit seinen leütn

So guter ding vnd frölich ist

Ja vater das hab ich nit gwist

Das du den lecker auff hast gnomen

Ich wer dir wol ins hauß nit komen

Dieweil er hat verthon das sein

Drumb wil ich mich entschlagen dein[34]

PELARGUS.

Ich muß doch wol geplaget sein

Das wisse Gott der schöpffer mein

Dem ein son hab ich erst verzign

Jetz wil der vber zwerg auch lign

Domit so hab ich angst vnd not

Biß mich hin nimbt der bitter todt

Mein son sag an was dir gebrist

Das du also erzürnt bist

Sunst alles hoffgsindt frewet sich

Dann du allain wilst plagen mich

Wil dich darfür gebeten han

Mein son sih doch mein alter an

EUNOMIUS.

Vater du tregst gar gut wissn

Das ich mich alzeit hab beflissn

Dir zu bewaisen dienstparkait

Diser lecker dagegen laidt

Darzu verzert sein hab vnd gut

Jetz hast mit jm ein guten mut

Mit mir machstu nit vil gramantzn

Ja was er pfeifft das mustu tantzn

Das ander wil ich lassen stan

Hat er doch nie kain gut gethan

Vnd so er jetzund khumbt zu landt

Fürestu jn haim bey der handt

Das gmest kalb hast jm tödten lan

Was müst zu letzt ich haben daruon

Sein vbelthat die lont jm paß

Dann das ich dir gehorsam waß

Es macht ein pöses regiment

Wo man das böß für guts erkent

Gegen mir hast dich gantz kharg gstelt

PELARGUS.

Ach lieber so weil es mir gfelt

So freü dich mit thu nit also

Ich maint du werst sein selber fro

Das mein son der verlorn was

Sich bekheert vnd bsunnen paß

Gelitten armut große not

Gestorben erstanden vom todt

Was wilst dan erst von nevem an

Betrüben seer mich alten man

Als was ich hab das ist doch dein

Solt billig mit mir frölich sein

Das der den wir verlorn handt

Zu letzt ist kumen wider zlandt

EUNOMIUS.

Wolan zu lieb dir vater mein

Wil ich auch heut mit frölich sein

Vnd allen vnmut faren lan

Weil er doch solchs wil nimmer thon

Nun khumb ich wil mit dir hinein

Biß wilkhumb liebster bruder mein

Ich freü mich das du wider kheert

Wie wol du hast dein tayl verzert

Doch sols dir nit geraittet werdn

ACOLASTUS.

Wer möcht doch säliger lebn auff erdn

Lob dich bruder dast gnedig mit bist

Die weil Gott selbs barmhertzig ist

Es solt hin füran nimmer meer

An mir erlebn solch vneer

PELARGUS.

Schau ob jm nit vergeben muß

Nimer thon ist ejn schwere puß

Mein lieber son betrachts gar wol

Jederman gern vergeben sol

Sein nechsten wie er dann begert

Das jm von Got verzigen werdt


Finis


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 33-35.
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