Das 18. Capitel.
Es ist nicht gut / wenn man einen Rost oder Dreyfuß aufs Feuer setzet / und leget nichts drauf.

[197] Besser ists, wenn auf dem Roste ein paar gute Bratwürste liegen, und auf dem Dreyfusse ein Kessel mit einem guten Schincken oder fetten Karpffen stehet. Und solchergestalt möchte dieser Glaubens-Punkt schon beantwortet seyn. Allein, weil ich gleichwohl offt wahr genommen, daß, wenn an manchem Orte sind Fische gesotten worden, die Köchin, so bald sie den Kessel vom Dreyfuß gehoben gehabt, einem andern dabey stehenden zugeruffen, daß er den Dreyfuß möchte umwerffen, so habe ich nach solcher Bedeutung offt gefraget, aber keinen andern Bescheid erhalten, als daß es nicht gut sey, wenn der blosse Dreyfuß im Feuer stehen bliebe. Endlich ist mir gesagt worden / habe es auch in der, dem grossen Planeten-Buche mit einverleibten alten Weiber-Philosophie gefunden, daß es folgendes bedeuten solle: Nehmlich, ein Weib, welches den Rost oder Dreyfuß so frey auf dem[197] Feuer stehen liesse, das würde unscheinbar, runtzlich und alt. Ist demnach kein Wunder, daß die lieben Dinger so sorgfältig den Dreyfuß aus dem Feuer thun; sintemahl ihnen an nichts mehr gelegen ist, als an schöner Gestalt, weil sie wohl wissen, daß, so sie diese besitzen, ihnen das übrige, was ihnen gefället, auch nicht leichte entstehen werde. Denn wenn sie schön sind, so sind sie denen Manns-Personen, als um derer willen sie sich putzen, baden, pudern / schmincken, salben und balsamiren, angenehm; und wenn sie noch ledig sind / bekommen sie eher Männer; sind sie aber ehelich, so hoffen sie, um der Schönheit willen, zuweilen auch (wiewohl verbotener Weise) einer frembden Speise zu geniessen. Welche wolte denn bey so gestalten Sachen den Rost oder Dreyfuß im Feuer stehen lassen? und wolte ich nun keine mehr verdencken, wenn sie solchen, in Ermangelung einer Feuer-Zange, gleich mit blossen Händen umwürffe; Allein, weil gleichwohl eine Sache nicht nur in blossem Vorgeben bestehen darff, sondern auch gewisse rationes erfordert werden, warum das oder jenes so / oder so sey? so wollen mir die Weiber doch erst die Art und Weise entdecken, wie sie von dem auf dem Feuer bloß stehenden Dreyfuß runtzlich und alt werden, widrigen Falls wird es niemand ihnen zu Gefallen glauben. Und ob sie gleich wolten fürgeben, daß sie solches aus offt und vieler Erfahrung erlernet hätten; so wäre doch dieses noch ein gar schlechter Beweiß, weil andere Dinge mehr und öffter fürgehen / die eine Ursach zum Runtzeln[198] und alter Gestalt machen können, als der im Feuer stehende Dreyfuß. Auch werden viele ungestalt, die nicht einmahl an das Feuer kommen, viel weniger einen Dreyfuß im Feuer stehen lassen; und das sind solche liebe Dingergen, die nicht wissen eine Wasser-Suppe zu machen, sondern sich auf die Mägde verlassen. Ich will aber andere Ursachen endecken, warum die schönen Weiber manchmahl so bald runtzlich und ungestalt werden? nehmlich: Wenn sie Bocken-Gruben mit Schmincke, Kleister, Bleyweiß, Kugelag und dergleichen stets anfüllen wollen /so macht es endlich eine runtzeliche Haut; oder wenn sie die Stirne glatt in die Höhe binden, solche mit so genannten Favorittgen behängen, als ob ihnen ein Turtel-Täubgen auf dem Kopffe gesessen sey, und auf die Stirne solche runde Ringelgen s.v. geschmeisset hätte; die sie dermassen mit Mehl oder gestossener Stärcke bestreuen, daß sie aussehen, als eine aus der Mühlen kommende Palm-Sonntags-Stutte, oder, nach der teutschen Grund-Sprache zu reden, eine mit Mehl bestobene Eselin. Auch trägt zu eines jungen Weibes baldigen Runtzeln viel bey, wenn sie lieber den Kragen, als den Magen bedencket, und lieber Hunger leidet, als etwas von der verfluchten Hoffart und Putz abbrechen will, da fallen die Backen bald in Falten und die vorhin glatt gewesene Stirn bekömmt Runtzeln, und werden Crepunene Gesichter daraus. Dieses sind also meine rationes, warum die Weiber bald alt und runtzlich werden; vom Dreyfuß im Feuer halte ich aber gar nichts, biß mir die Weiber gnugsam ihr Vorgeben erweisen.
[199]

Nicht der Dreyfuß noch der Rost,

Sondern eine schlechte Kost,

Vieles Schmincken, Courtisiren,

Und die Stirn mit Kreyde schmieren;

Diese und dergleichen Sachen

Sind es, die die Runtzeln machen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 197-200.
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