Das 18. Capitel.
Wenn man eine Henne zu brüten ansetzet / soll es geschehen zur Zeit / wenn die Leute aus der Kirchen gehen.

[42] Wenn viel Hünlein sollen auskrichen / und auch leichte aus denen Eyern gehen, muß die Henne eben zu der Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen, angesetzt werden; denn das ist eine bekannte Sache, daß die Leute viel hurtiger aus der Kirche, als in die Kirche lauffen, und nehmen demnach die jungen Hünlein auch die Art der aus der Kirchen gehenden Leute an, und lauffen eben so schnell aus denen Eyern. Dieses geben zwar abergläubische Vetteln vor; alleine wenn ich meine Gedancken und Gutachten hierüber eröffnen soll, so sage ich / daß eine von denen thörichsten Unbesonnenheiten der Weiber hiermit vorgehe; denn das Ansetzen der Henne nehmen solche Närrinnen ja vor eben zu der Zeit, da die Leute mit vollen Hauffen nach vollendeten Gottesdienst auf denen Gassen gehen, und sind schon aus der Kirchen heraus, hingegen sind sie im Heimgehen begriffen; wenn nun dieser Heimgang aus der Kirche in die Eyer etwas würcken könne, so würden die Eyer vielmehr die Eingangs-Krafft, als die ausgehende an sich neh men. Und warum bekömmt denn die Gluck-Henne nicht auch die Art der aus der Kirchen lauffenden[42] Leute, und läufft stracks wieder von Eyern weg? aber die abergläubischen Weiber haben doch Recht; warum? weil ihnen ihr Lehr-Meister, der Teufel / solche Kunst eingegeben hat / damit sie ihm dargegen den Dienst erweisen, und zu der Zeit, wenn sie eine Henne ansetzen wollen, zu Hause bleiben, und den Gottesdienst nicht abwarten möchten.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 42-43.
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