Das 19. Capitel.
Wenn man will großköppige Hüner bekommen / muß man zu der Zeit / wenn man die Gluck-Henne ansetzet / einen feinen grossen Stroh-Huth aufsetzen.

[43] Warum aber nicht einen Feder-Pusch? Ihr einfältiger Tropff! (werden mir die super-klugen Weiber antworten:) Ihr denckt vielleicht, weil Feder-Püsche sollen wachsen, so müsse man auch Feder-Püsche aufsetzen? Nein, es muß nicht eben so seyn. Denn habt ihr alberer Mann nicht in der Bibel gelesen, daß Jacob bunde Stäbe von Pappel-Weiden, Haseln und Castanien machte, und in die Tränck-Rinnen für die Schafe legte, damit sie bunte, schäckiche und sprengliche Lämmer bekämen? Er legte ja keine bunte Schaaf-Felle, sondern nur bunte Stäbe dahin, und dennoch bekamen die Schaafe bunte Lämmer. Ey, seht doch! wie Bibel-fest und belesen die Weiber sind; daran hätte ich mein Lebtage nicht gedacht. Wiewohl mir die Sache mit dem[43] Stroh-Hut dennoch nicht recht in meinen Kopff will. Denn ein anders ist Feder-Vieh, ein anders Schaafe oder andere vierfüßige Thiere /und hat Jacob die Zeit der Empfängniß in Acht genommen, Gen. 30. v. 39. Was gehet aber bey Ansetzung einer Hennen über frembde Eyer für eine Empfängniß vor, und welchergestalt soll sich denn eine Gluck-Henne an einem Stroh-Hute versehen können, daß die unter ihr liegende frembde Eyer (da offt Enten- und Welsche-Hüner-Eyer dabey sind) solten koppige Früchte bekommen? Zu dem, so beweisen mir die Weiber mit Jacobs bunten Stäben gar nichts, denn es trifft diese Kunst heut zu Tage auch an denen Schaafen nicht mehr ein, und waren dieses nur die natürlichen Ceremonien, die der Jacob sich bedienete, um damit den Seegen GOttes zu erlangen, das vornehmste aber war Jacobs starcke Zuversicht und Glauben zu GOtt, ausser welchen die bunten Stäbe ebenfalls nicht würden gewürcket haben; über diß alles lehret die Erfahrung am besten, daß die Stroh-Hüte nichts würcken können, denn wenn der Gluck-Henne Eyer von köppigen Hünern untergeleget werden, so brüttet sie köppige Hünlein aus, wenn gleich kein Stroh-Hut dabey gebraucht worden ist; sind aber die Eyer von schlechten Hünern, so werden die jungen keine Koppen bekommen, und wenn man bey Ansetzung der Gluck-Henne 3. Stroh-Hüte über einander aufsetzete, ergò, ist der Weiber Kunst falsch.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 43-44.
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