Das 43. Capitel.
An den Himmelfahrts Tage soll man nichts nehen oder flicken / es ziehen sonst demselben / oder wer das Genehete am Leibe trägt / die Gewitter nach.

[78] Es haben die alten Philosophi denen sieben Planeten des Himmels so wohl gewisse Nahmen gegeben als auch gewisse Beherrschungen zugeeignet, welches auch endlich bey denen Nachkommen mehr und mehr beglaubet worden, daß heut zu Tage auch fast die verständigsten Leute noch solcher Meynung nachhengen; wie nehmlich die Venus solle beherrschen den Freytag / und[78] was an selbigen verrichtet werde: Jupiter den Donnerstag, wie auch unter denen 7. Metallen das Zinn. Unter denen Nahmen der Planeten aber stecket noch ein mehrers verborgen / wenn nehmlich solche herkommen von denen heydnischen Göttern, so ist auch hernach denen Planeten, die solcher Götter Nahmen bekommen haben, auch die Eigenschafft und Wirckung, die die erwehnten Götzen an sich gehabt haben sollen, auch angedichtet worden. Unter diesen will ich nur betrachten denjenigen, der anietzo zu meinem scopo dienet, nehmlich den Jovem, welcher nicht alleine den Donnerstag beherrschen soll, sondern ihm ist auch von denen heydnischen Philosophis angedichtet worden / daß er Blitz, Donner und Wetter verursache, dahero auch der Donnerstag den Nahmen Dies Jovis erhalten hat. Weil denn nun aber bekannt ist, daß das Himmelfarths-Fest unsers Heylandes allezeit auf einen Donnerstag gefället, so ist kein Zweiffel, es haben einige gauckelhaffte Narren geschlossen, es müsse um der Himmelfarth Christi willen der Jupiter noch mehr Krafft an diesem Tage zu würcken empfangen haben / als andere gemeine Donnerstage, zumahl, da auch eine Wolcke (welche vielleicht, solcher Thoren Vermuthen nach, auch eine Wolcke eines Gewitters gewesen) den HErrn Christum hinweg genommen hat. Wenn denn nun aber gebührlicher massen, wegen des Festes Heiligkeit und Hoheit halber, keine Arbeit an diesem Tage verrichtet werde, ausser, wenn irgend eine Magd nach vollendeten Gottesdienst[79] etwas nehet oder flicket, so ist Zweiffels frey der närrische aberglaubische Wahn entstanden, daß dem das Wetter nachziehe, wer am Himmelfarths-Tage flicke, oder etwas davon an sich trage. Ob aber dieses nicht unter das Tage-wehlen mit gehöre, welches GOtt so ernstlich verboten hat, lasse ich die Herren GOttes-Gelehrten nach ihren guten Gewissen urtheilen, sintemahl ich in GOttes Wort und der gantzen H. Schrifft weder einer Veneris noch Saturni, oder sonst eines solchen Kerls / in dem Verstande, wie es leider! insgemein geglaubet wird, Erwehnung finde; und frage ich einen ieden vernünfftigen Astronomum, ob der Planet Venus (welches ein Weiber-Nahme) nicht mit einem andern, und zwar Mannes-Nahmen, könne füglich beleget werden? Da nun alle diese Nahmen, und was denenselben anhängig ist / nur heydnische erdichtete Fratzen sind, so ist der Aberglaube, davon ich itzt handele, per consequens, weil er von vorgedachten Phantasten her seinen Ursprung hat, ein Narren-Gedichte, und ist nichts drauf zu halten.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 78-80.
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