Das 60. Capitel.
Wenn eine Hexe einen etwas fraget / soll man nicht mit Ja antworten / sonst kan sie durch ihre Zauberey einem etwas nehmen.

[100] Wenn ich mich und das Meinige in den Schutz des allmächtigen GOttes befehle, so kan[100] mir weder der Teufel noch sein Werckzeug etwas nehmen noch schaden. Gleichwohl aber muß ich selbst geständig seyn / daß, als ich mich in meiner Jugend in Thüringen aufgehalten, ich vielfältig observiret habe, wie nehmlich diejenigen Personen, welche insgemein berüchtiget, oder im Geschrey waren, daß sie zaubern könten, die Gewohnheit hatten, daß sie gemeiniglich einem jeden, mit welchem sie zu reden kamen, erst etliche Fragen vorlegten, daß ihnen dreymahl mit Ja muste geantwortet werden, dahero sich auch ein jeder bestmöglichst vorsahe, daß er nicht ja sagte; wie ich denn auch etliche von diesen Purschen endlich auf den Scheiter-Hauffen bringen und verbrennen sehen. Ohnerachtet aber der Sorge eines Verlusts wegen gegebenen Ja Worts, hatte ich den Gebrauch, daß, wenn mich eine solche Vettel etwas fragte, ich ihr mit einem recht lauten, auch wohl dreyfachen Ja, auf einmahl antwortete, alsdenn liesse sie mich gehen; ich habe aber niemahl spüren können, daß mir eine etwas damit geschadet. Ich mercke auch zuweilen noch ietziger Zeit / daß es dergleichen Teufels-Geschmeiß auch hier zu Lande giebt / die ebenfalls 3. Ja-Worte von Leuten verlangen, und so dergleichen an mich kommen, fertige ich sie ohne Furcht stracks mit 3. lauten und derben Ja-Worten ab, gebe ihnen aber wenig gute Worte darzu. Nun will ich zwar nicht in Abrede seyn, daß der Satan nicht solle seinen lieben Getreuen einbilden, ob könten sie etwas durch solch erhalten Ja-Wort von einem andern ehrlichen Menschen gewinnen.[101] Allein, weil der Teufel mit lauter Lügen umgehet, so kan er dieses auch nicht wahr machen, und bleibt also darbey, daß die Hexen dadurch nichts gewinnen, und dahero ein ieglicher ohne Furcht ihnen antworten mag / wie es die Noth erfodert. Denn der HErr hat befohlen, daß eines Christen Wort soll seyn: Ja, ja, und nein, nein, und wird nicht zugeben, daß derjenige, so solchen Befehl ausrichtet, deswegen den geringsten Schaden leiden solte.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 100-102.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken - Philosophie