Das 66. Capitel.
Wer die Schuhe einwarts tritt / der wird reich / wer sie aber auswarts tritt / wird arm.

[108] Wie geschicht aber dem, der die Schuh gar nicht schlimm, und also weder ein- noch auswärts tritt? Wenn ich wüste, daß dieses gewiß einträffe, ich wolte leicht meine Schuhe auch einwerts treten, und andere würden auch dergleichen thun; wo wolten aber alsdenn die Armen[108] herkommen, wenn wir alle reich würden? Es werden zwar die abergläubischen Leute sagen: Es sey nicht zu verstehen daß man sich zwingen möge, wie man die Schuhe treten wolle, sondern, wie es bey einem ieden die Natur frey und ungezwungen an die Hand gebe, woraus alsdenn geurtheilet würde, ob einer werde arm oder reich werden. Aber, es trete gleich einer die Schuhe aus oder ein, so tritt er schlimm. Wer aber die Schuhe schlimm tritt, sie mögen nun seyn auf welche Seite sie wollen, zu dem hab ich schlechtes Vertrauen, daß er reich werde, weil die schlimm-getretenen Schuhe eine Anzeigung sind eines Schlinck-Schlanck-Schlercksii; iedoch ist hiervon ebenfalls keine unbetrügliche Vermuthung zu machen; auch kenne ich noch diese Stunde Personen, welche ihre Schuhe einwerts treten / bey welchen aber sichs aber noch schlecht zum reich werden anlässet. Dahero halte ich von diesem Articul abermahl nichts.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 108-109.
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