Das 70. Capitel.
Wer einer Katzen Schaden thut / oder dieselbe gar umbringet / dem stehet ein groß Unglück vor.

[113] Ich möchte gern die Ursach wissen, warum doch die falschen Katzen einen Vorzug vor andern Thieren haben solten, daß man sie nicht umbringen dürffte. Das ist zwar bekannt, daß in vieler bewährter Autorum Schrifften und Historien, wie auch in denen, in Aemtern und Gerichten hin und wieder befindlichen Inquisitions- und Hexen-Acten, zu finden ist, wie der Teufel offt sein Spiel durch Katzen verrichtet, und wie sich die Hexen in Katzen verwandelt haben sollen; welches ich dahin gestellet seyn lasse, wiewohl mir es nicht recht gläublich fürkömmt. Jedoch erinnere ich mich noch sehr wohl, wie ich vor ohngefehr 28. Jahren einen Bauer in Thüringen gekennet habe / der, meines Behalts, der Schwedische Hiob genennet wurde, dieser hat mir, und andern Leuten mehr, offt ohne Scheu erzehlet, daß er hätte seine Stieff-Mutter in Gestalt einer Katzen in seinem Hofe erschossen. Die Umstände / so er dabey meldete, erachte ich zu weitläufftig hier anzuführen; das Dorff aber, wo es geschehen, liegt zwischen Arnstadt und Ilmenau. Wenn nun einer an solche schöne saubere Katzen kömmt, und dieselbe beleidiget, da will ich zwar eben nicht in Abrede seyn, daß durch des Teufels List und Gewalt man nicht zuweilen ein Unglück davon tragen könne, zumahl wer sich nicht unter den[114] Schutz GOttes empfohlen hätte. Was aber die natürlichen Katzen anlanget, hat es sicherlich nichts zu sagen, ob man gleich mit selbigen nach aller Nothdurfft verfähret, und getraue ich ohne Sorge alle Katzen, die mir Schaden zufügen, (wenn sie sonst auf keine Weise hinweg zubringen wären) nicht alleine zu schlagen, sondern auch gar zu tödten. Ich bin zwar kein Feind der Katzen, iedoch auch derer Patron nicht, und kan ich nicht in Abrede seyn, daß ich mein Lebtage mancher den Schwantz abgehauen, und viele getödtet habe; und ob ich mich zwar eben keines grossen Glücks rühmen kan, sondern bekennen muß, daß mein gehabtes Glück von den Gegentheils zugestossenen Unglücks-Fällen weit überwogen worden; so weiß ich doch dieses gewiß, daß ich um der ermordeten Katzen willen kein Unglück gehabt habe. Denn die Katzen haben bey GOtt keinen Stein mehr als andere Thiere im Brete, derer doch täglich viel tausend durch Menschen-Hände umkommen, daß GOtt um der Katzen willen / (in welcher Gestalt sich der Teufel und seine Getreuen so gern verstellen sollen) einem ehrlichen Menschen soll Unglück schicken.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 113-115.
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