Das 87. Capitel.
In einer Feuersbrunst das Feuer umrennet / und die letzten Worte des andern Verses [397] Num. 11. angeschrieben / oder auf einem Brief ins Feuer geworffen kommts nicht weiter.

Dieses ist wohl eine unverantwortliche Vermessenheit / und ein unbesonnenes Unternehmen / welches zwar offt aus Verwegenheit practiciret wird / iedoch mehrentheils sonder effect, wie denn auch dieses so wenig effectuiren kan / als was ich im 50. Cap. dieses Sechsten Hundert Aberglauben schon gestriegelt habe / da die Thoren mit einem Backtroge das Feuer ableiten wollen. Denn / erstlich soll das Feuer umritten werden / worzu eine rechte Gelegenheit und geraumige Gassen erfodert werden / da man mehrentheils einen gantzen Stock Gebäude umrennet / und entweder das in der Rubric bemerckte Wort an ein nahe der Feuersbrunst gelegenes Hauß / oder auch / wenn sichs thun läßt / an das brennende Hauß selbst schreibet / oder auf einen Zettel geschrieben ins Feuer wirfft / und denn schnell um das Feuer herum rennet. Nun bedencke man nur um[397] GOttes willen / das umreiten kan ja gar nicht helffen / sonst dürffte man sich weder um Feuer-Spritzen / noch ander Feuer Geräthe bekümmern / sondern nur alsbald das Feuer umrennen. Ja /wird man sagen: das angeschriebene muß die Krafft geben. Ich aber antworte: auch diese angeschriebene Worte können nichts helffen / daferne der Vollzieher sein Absehen auf die Schlußworte Num. 11, v. 2. macht. Denn diese Worte sind an ihrem Orte relative zu verstehen / wie nehmlich Moses auf das Zuschreyen des Volcks den HErrn gebeten / da sey das Feuer verschwunden. Der Mann GOttes Moses der vermochte wohl mit seiner Bitte bey GOtt grosse Dinge zu erhalten / denn er war ein von GOtt geheiligter Mann / wer sind aber diese / die sich ietziger Zeit offt unterstehen / das Feuer mit angeschriebenen Worten zu löschen? der Unterschied ist offt gar groß. Moses wird von denen Mahlern mit Hörnern gemahlet. Die ietzigen Feuer Versprecher haben offt zwar auch Hörner / oder sind Aufsetzer der Hörner aber unter des Mosis gemahlten Hörnern / wird dessen grosse Krafft und mächtiges Ansehen angedeutet / Mosis seiner Affen ihre sind hingegen beschwerliche Hahnrey Cronen. Diese beten auch den HErrn nicht in Feuers Noth an / wie Moses thät / der auf des[398] Volcks Schreyen und Zuruffen / sein Gebet an GOtt thät / die ietzigen vorwitzigen Feuer Versprechere aber werden nicht darzu beruffen / sondern kommen ohne gebeten / und reiten um das Feuer / als ob sie rasend wären; wie des Moses seine Bitte / die er zu GOtt gethan / eigendlich gelautet hat / kan man zwar nicht wissen / doch war solche Bitte so kräfftig / daß das Biblische relatum meldet: da verschwand das Feuer. Was will aber ietzt ein mosaischer Affe aus dieser Geschichte letzten Worten für Krafft ziehen? fürwahr nichts. Vielmehr aber wird er GOtt damit zu desto grössern Zorn reitzen / daß die Feuersbrunst desto hefftiger um sich fressen wird; dergleichen Exempel ich wohl anführen könte / wenn ich nicht das Sprüchwort: Exempla sunt odiosa, bedächte. Wo Feuersbrunst entstehet / da laufft iederman zu / und hülfft löschen / räumen / niederreissen / und thun allen möglichen Fleiß zu Dämpffung des Feuers / welches auch offt mit GOtt guten effect hat / daß ein solcher fürwitziger Reuter hernach sich wohl dennoch einbildet / es habe sein Versprechen was geholffen; aber weit gefehlet. GOtt und die ordentliche Mittel habens gethan / wie ich denn selbst ein Zeuge bin/ daß diese lose Kunst gar nichts gefruchtet hat / und ist dieses Unternehmen eine[399] recht fruchtlose / gottlose und sündliche Unternehmung / die billig von der Obrigkeit zu bestraffen ist. Es werden zwar dergleichen Thorheiten mit andern ceremonien mehr vorgenommen / welche aber anietzo anzuführen ohne Noth sind / weil sie von eben solcher kahlen Haut als diese bemeldte sind.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. Band 2, Chemnitz 1722 [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 397-400.
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